Senioren genießen ihren Ruhestand in einem ländlichen Ambiente direkt am Naturschutzgebiet Braken. Wo vor zwei Jahren noch alte Stallgebäude, Maschinenhallen und Silos standen, sind innerhalb eines Jahres Bauzeit auf dem LandGut Griemshorst im niedersächsischen Harsefeld 26 Wohnungen für Senioren und eine Wohngruppe für zwölf an Demenz erkrankte Menschen in hochenergieeffizienter Holzrahmenbauweise entstanden. Derartige Betreuungs- oder gar Wohnangebote für Senioren auf landwirtschaftlichen Betrieben sind noch selten, aber gefragt. Doch damit ein solches Standbein Erfolg verspricht, braucht es die passenden Rahmenbedingungen.
Der Schlüsselmoment
Landwirt Jan Witt war aufgrund eines Arbeitsunfalls gezwungen, seine Milchviehhaltung mit gut 100 Kühen aufzugeben. Im Zuge der betrieblichen Umorganisation – Fortführung des Ackerbaus und Umstellung auf Fleischrinder – kam die Frage auf: Welche Zukunftsperspektive hat der Betrieb eigentlich? Wie können die vorhandene Gebäudestruktur und die mehr als 2 ha große Hoffläche sinnvoll genutzt werden?
Gemeinsam mit Berater Marko Pflanz – Spezialist im Thema Pflege und zudem hervorragend vernetzt – und Ringberater Uwe Mattfeldt entwickelte Landwirt Jan Witt die Idee zu diesem besonderen Konzept. Schließlich sind der Bedarf und die Nachfrage nach Pflegedienstleistungen und Wohnen für Senioren seit Jahren ungebrochen hoch. Um sich einen Eindruck und Überblick zu verschaffen, wurden zusammen verschiedene Einrichtungen besucht. Etwa ein Pflegezentrum mit Landwirtschaftsbezug in Bremen, verschiedene Wohngruppenkonzepte, Demenz in ambulanten und stationären Einrichtungen sowie »Care Farms« in den Niederlanden. Dabei wurde schnell klar: In Deutschland gibt es relativ wenig Erfahrungswerte, auf die man zurückgreifen könnte. Es gibt nicht viele Beispiele, wo auf einem landwirtschaftlichen Betrieb größere Pflegeprojekte etabliert sind.
Gespräche mit der Gemeinde
Nachdem der Entschluss gefasst war, ein Seniorenangebot auf dem landwirtschaftlichen Betrieb zu etablieren wurde sondiert: Gibt es eine Nutzungsänderung der Hofstelle und Genehmigung des Vorhabens? Der Gemeinderat hatte die notwendige Bebauungsplanänderung schnell durchgewunken. Schließlich hat kaum eine Stadt oder Gemeinde ein fundiertes Strategiekonzept im Umgang mit älter und pflegebedürftig werdenden Menschen vorweisen.
Teile der alten Bausubstanz durften weichen und den neuen Gebäuden Platz machen. Das ist auch der Unterschied zu anderen Vorhaben dieser Art auf landwirtschaftlichen Betrieben. Denn vielfach passt die Infrastruktur überhaupt nicht dazu, das Hofgeschehen der Familie mit fremden Bewohnern unter einen Hut zu bringen.
Seit den ersten Gesprächen mit der Gemeinde bis zur Baufertigstellung sind ungefähr drei Jahre vergangen. Die ambulant betreute Wohngruppe mit zwölf Zimmern für Demenzerkrankte wurde in einem mehrstufigen Einzugsprozess im Juli 2023 bezogen. In die 26 Seniorenwohnungen, bei denen Serviceleistungen hinzugebucht werden können, sind die ersten Mieter im Oktober eingezogen. Anfragen gibt es aus dem gesamten Bundesgebiet, Bewohner aus dem Umfeld werden aber bevorzugt.
Das LandGut tritt ausschließlich als Vermieter auf und als Akteur in der Entwicklung von Betreuungsangeboten. Betreiber der Demenz-WG ist der Harsefelder Königshof, der sein qualifiziertes Betreuungs- und Pflegepersonal an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr zur Verfügung stellt. Das bleibt also den Profis überlassen. Für das LandGut Griemshorst und Landwirt Jan Witt ist dieses Betreibermodell ein Stück weit Risikominimierung. Denn qualifiziertes Personal ist hier der entscheidende Engpass. Der demografische Wandel, steigende Löhne, Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, attraktive Arbeitsbedingungen – die Herausforderungen werden zukünftig nicht weniger, um eine attraktive Versorgung der Bewohner sicherzustellen. So sollten Betreiber eine gewisse Größe und Anzahl Einrichtungen haben, um als attraktiver Arbeitgeber auftreten und Personalausfälle durch Urlaub oder Krankheit kompensieren zu können. Auf der anderen Seite braucht es auch eine Mindestanzahl an Bewohnern mit Pflegegrad für eine entsprechende Auslastung.
Serviceangebot für Senioren
Es ist nachvollziehbar, dass viele Ältere zunächst den Wunsch haben, so lange wie möglich unabhängig zu bleiben und ein selbstbestimmtes Leben anstreben. Ist das irgendwann nicht mehr möglich, wenn die Kräfte nachlassen, können in der vertrauten Wohnumgebung individuelle Services hinzugebucht werden. Ein beruhigendes Gefühl.
Denn nicht nur die Bewohner der Demenz-WG, sondern auch die Mieterinnen und Mieter der Seniorenwohnungen können im Bedarfsfall die ambulanten Dienste des Königshofes in Anspruch nehmen. Weitere Serviceangebote wie z. B. Hausnotruf, Einkaufs- und Essensservice sowie Freizeitangebote organisiert das LandGut. So können die älteren Menschen bis zu ihrem Lebensende bleiben und landen nicht doch noch ungewollt im Altersheim.