Kalk. Fundamentales Werkzeug für stabile Böden
Kalk ist viel mehr als ein Dünger. Er sorgt auch für eine gute Bodenstruktur. Gerade in Zeiten des Klimawandels sind die positiven Effekte auf die Wasserspeicherfähigkeit und die Durchlüftung des Bodens von unschätzbarem Wert, sagt Florian Ebertseder.
Der Boden ist nicht nur die wichtigste Produktionsgrundlage der Landwirtschaft. Er ist auch unser aller Lebensgrundlage. Diese gilt es zu erhalten, um auch unter schwierigen klimatischen Bedingungen ökonomisch wirtschaften und hochwertige Lebensmittel produzieren zu können.
Auswertungen der vergangenen Jahre haben gezeigt, dass Starkregenereignisse sowie lang anhaltende Trockenperioden immer häufiger auftreten und sich in den kommenden Jahrzehnten noch steigern werden. Aktuell nehmen die kleinräumigen Starkregenereignisse innerhalb von sechs Jahren um 10 % zu. Daher ist es ratsam, sich intensiv mit dem Zustand seiner Böden auseinanderzusetzen, um sie fit und widerstandsfähig für die kommenden Jahre zu machen.
Natürliche Vorgänge führen zur Versauerung des Bodens. Bei der Bodenatmung wird durch die Zersetzung von Mikroorganismen und Pflanzen Kohlendioxid freigesetzt. Kann es nicht aus dem Boden entweichen, bildet sich in Verbindung mit Wasser Kohlensäure. Mithilfe von im Boden vorhandenen Puffersubstanzen kann diese neutralisiert werden. Sind jedoch nicht genügend neutralisierende Puffer vorhanden, kommt es zur Versauerung.
Doch nicht nur die Bodenatmung entzieht Kalk. Ursachen sind auch der Einsatz mineralischer Dünger und kalkzehrender Gülle sowie die Humusbildung und Regenwasser (pH-Wert ca. 5,6). Letzteres führt zu einer Auswaschung des Kalks und anderer Nährstoffe in tiefere Bodenschichten. All diese Entzüge summieren sich jährlich auf 200 bis 600 kg Calciumoxid, das abhängig von Boden, Klima und Nutzungsart verloren geht.
Künftig wird der Wasserspeicherfähigkeit von Böden noch mehr Bedeutung zukommen. Einen großen Einfluss darauf übt der Kalkgehalt aus. Calcium-Ionen haben die Fähigkeit, Tonteilchen zusammenzufügen. Diese Verbindungen ähneln einer lockeren Kartenhausstruktur, die über mehrere Winkel miteinander verknüpft sind und somit ein stabiles Gefüge bilden. Zwischen den Verbindungen bilden sich Hohlräume, in die Wasser eindringen und gespeichert werden kann.
Kalk hat außerdem die Fähigkeit, Tonteilchen mit Huminstoffen zu verbinden und die negativen Ladungen zu neutralisieren. Bei diesem Vorgang bilden Calcium bzw. Magnesium eine »Brücke« zwischen Ton und Humus. Diese Ton-Humus-Komplexe führen zu einer stabilen Krümelstruktur. Die dadurch steigende Zahl an Grob- und Mittelporen zieht positive Effekte auf die Wasserführung nach sich, und die Tragfähigkeit wird erhöht. Zudem verbessern sich der Gasaustausch und die Bodenerwärmung im Frühjahr.
Diese Bodenteilchen, die in Form von Aggregaten gebunden sind, können bei Starkregenereignissen nicht so schnell abgeschwemmt werden. Auch die Verschlämmungsneigung ist deutlich herabgesetzt, da die Poren nicht durch gelöste Bodenpartikel aufgrund der höheren Aggregatstabilität verstopft werden. Damit kann das Wasser schnell in den Boden infiltrieren. Ab einer Kalksättigung im Boden von 60 bis 80 % (Belegung am Austauscher) werden optimale Voraussetzungen für ein stabiles Gefüge erreicht. Die offene Struktur beeinflusst den Luft- und Wasserhaushalt positiv, was das Pflanzenwachstum und die Mikroorganismenaktivität begünstigt.
Versuche haben gezeigt, dass eine Kalkung auf tonreichen Böden die Zunahme derjenigen Poren bewirkt, die für die pflanzenverfügbare Wasserspeicherung wichtig sind. Das bedeutet, die nutzbare Feldkapazität wird erheblich gesteigert. Im Umkehrschluss nimmt der Anteil an Feinporen, in denen das Wasser für die Pflanzen zu fest gebunden ist, ab (Übersicht).
Sinkt der pH-Wert des Bodens, so hat das negative Auswirkungen auf die Nährstoffdynamik, das Wurzelwachstum und das Bodenleben. Regenwürmer können beispielsweise bei pH-Werten unter 4 nicht überleben, wodurch keine Umsetzung der abgestorbenen Biomasse mehr möglich ist. Ohne Regenwürmer und andere Mikroben kann keine Durchmischung und Einarbeitung des Humus stattfinden, wodurch die Bodenfruchtbarkeit auf Dauer abnimmt.
Die Wirkungen auf die Bodenstruktur sind ebenfalls gravierend: Ohne freien Kalk im Boden zerfällt die Krümelstruktur zu einem Einzelkorngefüge. Die Tonteilchen werden durch Regen nach unten verlagert und bilden dort eine teilweise wasserundurchlässige Schicht. Je dichter dieses sogenannte Kohärentgefüge gelagert ist, desto schlechter ist der Gas- und Wasseraustausch sowie die Durchwurzelbarkeit. Die Schluffteilchen verbleiben bei diesem Vorgang an der Bodenoberfläche und verschlämmen bei Starkregen, wodurch sie eine undurchdringliche Kruste bilden. Dadurch nimmt die Infiltration stark ab, und weniger Wasser kann im Boden gespeichert werden. Gleichzeitig erhöht sich das Erosionsrisiko.
Welche Böden sind besonders gefährdet? Grundsätzlich gilt: Je tonreicher der Boden, desto mehr Kalk ist für den Aufbau und Erhalt einer guten Bodenstruktur vonnöten. Einen vergleichsweise höheren Bedarf haben Standorte mit gesteigerter Auswaschungsgefahr, also sehr leichte, sandige Böden, aber auch Flächen in niederschlagsreichen Gebieten. Zudem sind Böden, die sich über Glimmerschiefer, Granit oder Gneis gebildet haben, aufgrund der basenarmen Unterlage empfindlich gegenüber Versauerung.
Aber Achtung: Freier Kalk, der für die genannten Vorgänge zur Bodenstabilisierung unabdingbar ist, ist nicht automatisch vorhanden, wenn der pH-Wert hoch ist. Dieser kann zum Teil auch durch einen hohen Magnesiumgehalt begründet sein und lässt daher keine Schlüsse auf den verfügbaren Kalk im Boden zu.
Worauf sollten Sie bei der Kalkung achten? Kalke sollten möglichst gut mit der obersten Bodenschicht vermischt werden – das heißt, nur seicht mit der Egge oder dem Grubber einarbeiten. Im Sinne der Bodenverbesserung sollten Sie das Einpflügen von Kalk unterlassen.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Kalke mit unterschiedlichen Eigenschaften . Mehle wirken aufgrund der größeren Oberfläche besser als grob gemahlene Kalke. Branntkalk sollte möglichst rasch und gleichmäßig in die Krume eingearbeitet werden, da er ansonsten mit dem CO 2 der Luft reagiert und oberflächlich verkrustet. Dies setzt seine rasche Wirkung auf den pH-Wert herab.
Die Ausbringung an sich ist theoretisch das ganze Jahr über möglich. Jedoch sollte der Boden unbedingt abgetrocknet sein, um Verdichtungen zu vermeiden. Außerdem ist eine Kalkung besonders sinnvoll vor bedürftigen Kulturen wie Gerste, Mais oder Raps. Hier bietet sich eine Stoppelkalkung nach der Getreide- oder Maisernte an.