Katrin Rutt
Editorial
Ist es tatsächlich ein neues, innovatives Ackerbaukonzept oder eher alter Wein in neuen Schläuchen? Die Regenerative Landwirtschaft zählt aktuell zu den »heißesten« Themen in der Branche. Auch auf den DLG-Feldtagen wurde intensiv darüber diskutiert. Im Kern geht es bei diesem Ansatz um eine ausgeglichene Balance zwischen Umweltzielen und produktiver Landwirtschaft. Eine verbindliche Definition für diese Produktionsweise gibt es nicht und kann es vielleicht auch nie geben. Im Mittelpunkt stehen vielmehr Ziele, die es zu erreichen gilt. Und diese sind ambitioniert: Es geht um nicht weniger als Klimaschutz, resiliente Anbausysteme, die Förderung der Biodiversität und geringere Umweltbelastungen. Dabei sollen Erträge und Rentabilität nicht auf der Strecke bleiben.
Der Schlüssel zu alldem ist der Boden. Er steht im Rampenlicht der Regenerativen Landwirtschaft. Die Werkzeuge zur Stärkung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit sind allerdings zum größten Teil nicht neu. Neu ist der Hype um das Thema. Und zwar nicht nur in der landwirtschaftlichen Praxis, sondern auch im vor- und nachgelagerten Bereich. Immer mehr Unternehmen aus der Agrar- und Lebensmittelindustrie sehen in der Regenerativen Landwirtschaft einen neuen »Nachhaltigkeitsstandard«. Wir müssen also nicht nur über Chancen und Grenzen des Konzeptes diskutieren, sondern auch über mögliche Konfliktpotentiale.
Regenerative Landwirtschaft
Regenerative Landwirtschaft: Nur Hype oder große Chance?
Der Begriff Regenerative Landwirtschaft bezeichnet ein nachhaltiges und schonendes Management des wichtigsten Produktionsfaktors der Landwirtschaft - nämlich des Bodens. Insbesondere das Bodenleben und die Biodiversität werden dabei in den Mittelpunkt der Bemühungen gestellt.
Haben unsere Böden das nötig?
Regenerative Landwirtschaft. Jeder spricht über dieses vermeintlich umweltfreundliche und nachhaltige Ackerbaukonzept. Einige Branchenvertreter versprechen sich davon sogar einen neuen Ansatz für mehr Akzeptanz in der Gesellschaft. Dem Landwirt winke zudem mehr Flexibilität im Vergleich zum Ökolandbau. Aber worum geht es bei regenerativer Landwirtschaft eigentlich? Im Kern um den Boden – seine Nichtbearbeitung, eine vielfältige Fruchtfolge und durchgehende Bodenbedeckung. Hält man das zwei bis fünf Jahre konsequent durch, soll der Boden zu seiner vollen Funktionalität und Fruchtbarkeit zurückfinden. Doch geht es unseren Ackerböden tatsächlich so schlecht? Die richtige Antwort darauf ist »Jein«.
Nach der jüngsten Bodenzustandserhebung haben sich Humusgehalt, Schadverdichtung und Bodenerosion nicht maßgeblich verschlechtert. Und laut European Conservation Agriculture Federation (ECAF) werden bereits mehr als 40 % der hiesigen Anbaufläche konservierend bewirtschaftet. Andererseits sind laut Umweltbundesamt (UBA) bis zu 20 % der Ackerböden schadverdichtet, und bei der Hälfte gilt ihre Struktur in 30 bis 60 cm Tiefe als ungünstig. Zudem verlieren wir laut Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) jährlich 1 bis 20 t Boden/ha durch Wasser- sowie bis zu 45 t/ha durch Winderosion. Dagegen stehen nur rund 1 t/ha/Jahr Bodenneubildung. Unterm Strich muss man konstatieren: Unsere Böden haben mehr Aufmerksamkeit nötig. Aber es ist egal, ob Sie es ökologisch, konventionell oder regenerativ nennen: Die Werkzeuge für fitte Böden sind am Ende die gleichen. Sie müssen das wählen, was bei Ihnen am besten funktioniert.
Anne Ehnts-Gerdes