Steuern: Berücksichtigung eines Verlusts aus Gesellschafterbürgschaft
Haftung. Es ist in der Praxis durchaus üblich, dass sich Gesellschafter einer GmbH für Bankdarlehen verbürgen, die diese aufnimmt. Sofern die Gesellschaft das Darlehen regelmäßig tilgt und bedient, ergeben sich hieraus keine zivilrechtlichen Folgen für den Bürgen. Anders stellt sich die Situation aber dar, wenn die GmbH in Insolvenz gerät und der Gesellschafter die Restschuld tilgen muss.
Der Fall. Der Gesellschafter besicherte ein von der GmbH aufgenommenes Darlehen bei der Bank mittels Bürgschaft. Nachdem die GmbH in Insolvenz geriet und später gelöscht wurde, konnte er keine Regressforderungen mehr an diese stellen. Daraufhin machte der Gesellschafter den erlittenen Verlust bei Ermittlung des Auflösungsverlustes aus seiner Beteiligung steuerlich mindernd geltend.
Das Finanzamt lehnte eine Berücksichtigung der Verluste aus der Bürgschaftsinanspruchnahme mit der Begründung ab, dass die Regressforderungen bei Kriseneintritt wertlos gewesen und daher lediglich in Höhe von 0 € als nachträgliche Anschaffungskosten
zu berücksichtigen sind.
Das Urteil. Das FG Düsseldorf und dem folgend auch der BFH gelangten zu dem Ergebnis, dass der Verlust aus der Bürgschaftsinanspruchnahme zwar nicht im Rahmen des Liquidationsverlustes und damit im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens mit 60 % angesetzt werden kann. Stattdessen ist ein zu 100 % steuerwirksamer Rückzahlungsverlust zu berücksichtigen. Dieser unterliegt der tariflichen Einkommensteuer und kann mit weiteren Einkünften des Steuerpflichtigen ausgeglichen werden. Somit hatte der Steuerpflichtige im Ergebnis mehr erreicht, als er ursprünglich begehrt hatte.
Hinweis. Die steuerliche Behandlung eines Forderungsverlustes bei Gesellschaftern, die ihre Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft im Privatvermögen halten, war in der Vergangenheit zahlreichen Änderungen und Rechtsstreitigkeiten unterworfen. Mit dem Jahressteuergesetz 2019 hat der Gesetzgeber eine bindende Regelung eingeführt. Danach gehören zu den nachträglichen Anschaffungskosten u. a. Verluste aus Ausfällen von Bürgschaftsregressforderungen, soweit das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Wann eine solche gesellschaftsrechtliche Veranlassung vorliegt, ist nunmehr ebenfalls gesetzlich geregelt.
Aufatmen bei Erbschaftsteuer
Nichtanwendungserlass. Der Bundesfinanzhof (BFH) kam in zwei Entscheidungen zur erbschaftsteuerlichen Verschonung von verpachtetem land- und forstwirtschaftlichem Vermögen zu dem Ergebnis, dass die steuerliche Privilegierung – die 85- oder 100 %ige Freistellung – von Landwirtschaftsbetrieben und -flächen nur dann zu gewähren ist, wenn Übergeber die Flächen selbst bewirtschaften. Bei strenger Auslegung dieser Urteilsgrundsätze hätte dies zur Folge, dass bei der Übergabe, egal ob zu Lebzeiten oder von Todes wegen, bereits verpachtete Flächen voll zu versteuern wären. Nachdem diese Richtermeinung in krassem Widerspruch zur gesetzgeberischen Intention bei Einführung der neuen Erbschaftsteuer 2009 stand und im Übrigen auch nicht der Auffassung der Finanzverwaltung in den maßgebenden Erbschaftsteuerrichtlinien entspricht, hat die Finanzverwaltung eine Klarstellung angekündigt. Sie will die Urteile mit einem Nichtanwendungserlass belegen. Damit dürfen sie nicht zulasten der Landwirtschaft angewendet werden. Allerdings sind die Finanzgerichte an solche Erlasse nicht gebunden.
Ernst Gossert, Steuerberater bei Ecovis in München