Erfahrungsbericht. Direkt in grüne Zwischenfrüchte säen?
Mit einer durchgehend lebenden Bedeckung und möglichst geringem Eingriff in den Boden soll es gelingen, verschiedene Hauptkulturen wassersparend zu etablieren. Hans Gnauer hat dazu Erfahrungen auf seinem Betrieb gesammelt und zeigt, wo die Herausforderungen liegen.
Wir befinden uns mitten im Klimawandel. Und egal ob Starkregen, Hitze oder Dürre – immer ist Erosion unser Begleiter. Wie können wir uns daran anpassen und womöglich darüber hinaus noch mehr erreichen? Nämlich zusätzlich die Biodiversität fördern und z. B. klimaschädliches CO2 im Boden speichern? Ein vielversprechender Ansatz ist hier das Planting Green-Verfahren in Verbindung mit einer Cultan-Düngung.
Was ist Planting Green? Einfach übersetzt ist es die Direktsaat in grüne Zwischenfrüchte. Und das sagt eigentlich auch schon alles aus. Man sät die neue Hauptkultur in eine noch grüne, voll im Wachstum stehende Zwischenfrucht. Anders als beim Strip Till-Verfahren unterbleibt jegliche Bodenbearbeitung. Das Saatgut wird lediglich eingeschlitzt. Im Fokus steht dabei die Saat von Wintergetreide in abfrierende Begrünungen. Man kann diese Technik aber auch bei Sommerungen wie Mais oder Sojabohnen anwenden. Hier wird meist in Grünschnittroggen oder Winterrübsen gesät. Beim Planting Green von Sommerungen benötigt man allerdings meistens Herbizide, um die Zwischenfrucht zu beseitigen. Bei blühenden Beständen reicht aber oft auch eine Quetschwalze (»Roller-Crimper«), wodurch auf Herbizide verzichtet werden kann. Daher ist diese Art des Anbaus auch im Ökolandbau möglich.
Wo liegen die Vor- und Nachteile? Nach früh räumenden Kulturen wird eine schnell wachsende und biodiverse Zwischenfruchtmischung gesät, die sich sehr üppig entwickeln kann. Sie deckt den Boden bei Hitze ab, nährt und schützt so das Bodenleben, fördert die Bodenfruchtbarkeit, verhindert Erosion, fördert Insekten (viele Laufkäferarten sind effiziente Schneckenjäger), dient Wildtieren als Deckung, sammelt Stickstoff, bindet CO2, baut Humus auf und speichert Wasser im Boden. Kann man mit entsprechender Technik direkt nach der Hauptfrucht die Zwischenfrucht säen, spart das Arbeitszeit sowie Maschinen- und Energiekosten.
Eine relativ neue Möglichkeit ist die Aussaatn von Zwischenfrüchten schon vor der Ernte der Hauptfrucht mittels Drohnen. Nach der Ernte kann sich die Zwischenfrucht dann sofort entwickeln. Die Aussaat des Wintergetreides erfolgt dann wiederum direkt in die stehende Zwischenfruchtmischung mit geeigneter Direktsaattechnik. Und auch hier spart man viel Zeit, Kosten und Energie. Zudem ist das Feld durch die Zwischenfrucht sauber – es gibt so gut wie kein Unkraut. Die Zwischenfrucht liegt nach dem Anbau niedergedrückt auf dem Feld und deckt gut ab, sodass Unkraut unterdrückt und Wasser im Boden konserviert wird. Einzig auf Ausfallpflanzen aus der Vorkultur ist zu achten. Aber hier reicht in der Regel eine sehr einfache und preisgünstige Behandlung im Herbst aus.
Die erforderliche Sätechnik ist natürlich teurer als herkömmliche. Deshalb sollte man Gemeinschaftsmaschinen anstreben oder Lohnunternehmer in Betracht ziehen. Unterm Strich fallen dafür viele Arbeitsgänge einfach weg. Zudem stabilisieren die humusaufbauenden Maßnahmen die Erträge – vor allem bei Trockenheit.
Auf nach Österreich!
Soil Evolution. Vom 4. bis 6. Juni dreht sich auf der Soil Evolution in Umbach (Niederösterreich) alles um das Thema Boden. Die GKB, Boden.Leben und Swiss No Till geben auf diesem gemeinsamen Feldtag Impulse für einen nachhaltigen und produktiven Ackerbau in Zeiten des Klimawandels. Dieses Mal liegt der Fokus neben der konservierenden Landwirtschaft und Direktsaat vor allem auf dem Anbau von Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse in solchen Systemen. Unter dem Motto »Von Praktikern für Praktiker!« geht es dabei vor allem um einen intensiven Erfahrungsaustausch.
Weitere Informationen finden Sie unter www.soilevolution.com
Anforderungen an die Zwischenfruchtmischung. Um eine gute Abdeckung durch die Zwischenfrucht zu gewährleisten, sind Leguminosen wie Sommerwicken und Peluschken, aber auch Ackerbohnen sehr wichtig. Die beiden ersten Arten sind zwar langsam in der Jugendentwicklung (wie die Ackerbohne auch), decken aber später den Boden hervorragend ab und unterdrücken durch die starke Beschattung Unkräuter und Ausfallgetreide sehr gut. Zu Beginn des Wachstums ist es daher wichtig, andere schnell wachsende Arten im Feld zu haben, die diese Aufgabe übernehmen. Hier haben sich vor allem Öllein, Ramtillkraut, Phacelia, auch Saflor, Ölrettich oder Sonnenblume bewährt. Buchweizen würde auch dazu gehören. Allerdings kann Buchweizen sehr rasch Samen bilden, die in der folgenden Hauptkultur keimen und so Probleme bereiten können. Das macht weitere Pflanzenschutzmaßnahmen nötig. Mischungspartner können außerdem auch Sorghum, Alexandrinerklee oder Senf sein. Wichtig ist immer eine gute Abdeckung des Bodens und die Unterdrückung von Ausfallsamen und Unkräutern. Der Anteil an Sommerwicke bzw. Peluschke sollte immer ausreichend hoch sein, da diese ganz besonders zum Erfolg beitragen. Aufgrund der erforderlichen Vegetationszeit der beiden Arten ist der Anbau bis spätestens Anfang August angeraten. Bei späterer Saat zeigt sich der Erfolg oft nicht in gewünschter Weise.
Worauf muss man noch achten? In der Zwischenfrucht ist es an sich immer nass. Das bedeutet, man muss im Herbst zur Saat Phasen mit sonnigem Wetter nutzen. Und morgens ist meist noch sehr viel Tau auf dem Feld, was die Aussaat erschwert. Am besten funktioniert es ab dem späteren Vormittag bis in die Dämmerung hinein. Nachts bekommt man wieder Probleme mit dem Wasser auf den Pflanzen. Im Herbst 2021 waren die Bedingungen perfekt. 2020 war die Nässe allerdings eine große Herausforderung. Erst nach mehreren Tagen mit Frost war die Aussaat möglich. Die üppige Zwischenfruchtmasse verhindert nämlich auch das rasche Durchfrieren des Oberbodens, da sie wie eine Isolierung wirkt. Wichtig ist auch (wie bei Direktsaat üblich), langsam zu fahren, um die Saatkörner gut und gleichmäßig tief zu platzieren sowie den Säschlitz gut zu schließen. Durch Direktsaat wird auch viel weniger Unkrautsamen zum Keimen gebracht, was wiederum Pflanzenschutzkosten einspart.
Anpassung der Düngung. Die vielen obenauf liegenden Pflanzenrückstände stellen eine Barriere für feste Düngemittel dar. Das gilt besonders bei Trockenheit. Um den Dünger rechtzeitig an die Wurzel zu bringen, sollte man auf das Cultan-Verfahren setzen – sofern bei der Saat nicht gleich etwas Dünger für den Start platziert werden kann. In trockenen Jahren liegt bei herkömmlichem Vorgehen der Dünger oben auf. Es braucht Wasser, um ihn zu lösen und an die Wurzel zu bringen. Da aber auch die Schicht aus abgestorbenen Pflanzen zur Rotte Wasser und Stickstoff benötigt, ist der Dünger für die Wurzeln nur schwer zu erreichen. In der Folge hungern die Pflanzen. Das kann zu großen Ertragseinbrüchen führen.
Beim Cultan-Verfahren wird der Dünger in flüssiger Form injiziert und ist sofort für die Pflanze an der Wurzel verfügbar. Mittels Stachelrädern wird er in 32 kleinen Depots pro m2 in den Wurzelbereich eingebracht. Anfang Mai 2021 war auf meinem Betrieb sehr schön zu sehen, wie hellgrüner Wintermohn mit teilweise schon gelblichen Blättern durch diese Düngung binnen drei Tagen wieder grün wurde und nach einer Woche richtig sattgrün dastand. Und das bei sehr kühlen Temperaturen, sehr trockenen Verhältnissen und auf schlechten Böden. Deshalb ist die Cultan-Düngung die perfekte Ergänzung zum Planting-Green-Verfahren. Unnötig zu betonen, dass sowohl durch die Zwischenfrucht als auch durch die Cultan-Düngung der Stickstoffaufwand für die Hauptfrucht deutlich geringer ist.
Synergien beim Pflanzenschutz. Durch das Auslassen der Bodenbearbeitung und die Abdeckung durch Zwischenfrüchte gibt es weniger Probleme mit Unkräutern. Oft reichen einfache, preisgünstige Herbizide vollkommen aus. Sollten im Randbereich
Trespen oder andere Gräser vorhanden sein, müssen natürlich potentere Mittel angewendet werden.
Durch die bessere Wasserversorgung der Pflanzen sowie die gute Versorgung mit Nährstoffen durch Cultan-Düngung wachsen die Pflanzen besser, sind widerstandsfähiger und gesünder. Dadurch kann man den Aufwand an Insektiziden und Fungiziden deutlich einschränken – oder im besten Fall sogar ganz weglassen, ohne Ertrag zu verlieren. Auch auf Wachstumsregler kann im Trockengebiet verzichtet werden. In feuchten Regionen kann eine Behandlung entfallen. Da durch das Cultan-Verfahren die Wurzelentwicklung massiv gefördert wird, muss Stabilan zu Beginn sowieso entfallen, um keine gegenteiligen Effekte zu erzeugen.
Vision für die Zukunft. Unsere Erzeugnisse wie Weizen, Mais und Co sind zurzeit nach den offiziellen Zahlen nicht klimaneutral zu produzieren. Kombiniert man aber Direktsaat mit biodiversen Zwischenfrüchten und der Cultan-Düngung mit entsprechenden Vorteilen bei der CO2-Einsparung und beim Pflanzenschutz, so sollte es uns gelingen, Ackerbau klimaneutral (oder vielleicht sogar klimapositiv) zu betreiben. Diese These stützen auch wissenschaftliche Berechnungen zur Treibhausgasbilanzierung: Weniger Überfahrten, geringerer Betriebsmittelaufwand und gleichzeitig eine höhere CO2-Bindung lassen die Bilanz sehr gut ausfallen. Das sollte sich natürlich sowohl in den Produktpreisen widerspiegeln als auch bei etwaigen Zahlungen für die Bindung von CO2 an Landwirte.