Investitionen. Wofür Landwirte noch Geld ausgeben
Volatile Preissprünge, unkalkulierbare Baukosten, gestiegene Zinsen und die allgemein unsicheren Rahmenbedingungen – viele Landwirte sind bei ihren Investitionsplanungen vorsichtiger geworden. Die Zukunftserwartungen befinden sich sogar auf einem neuen Tiefstand.
Landwirte schätzen ihre zukünftige wirtschaftliche Lage so schlecht ein wie nie in den vergangenen zehn Jahren. Das zeigt das neue »Rentenbank Agrarbarometer«, das sich aus den Angaben der Landwirte und Lohnunternehmer zur aktuellen und künftigen Lage des eigenen Betriebes errechnet. So gibt knapp die Hälfte (48 %) der Befragten an, dass sie eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage erwarten – nur 8 % rechnen mit einer Verbesserung. Damit steigt der Anteil der Pessimisten deutlich, was auf der Skala des Agrarbarometers (mögliche Werte von – 10 bis + 10) in einer Bewertung von – 4,7 Punkten mündet.
Besser fällt die Bewertung der aktuellen Lage aus: Rund drei Viertel der befragten Landwirte beurteilt diese als zufriedenstellend. Es ergibt sich ein Wert von + 0,5 Punkten, der allerdings seit Anfang des vergangenen Jahres stark fallend ist.
Die Mehrheit der Unternehmer verharrt und wartet derzeit erst mal ab. Lediglich 56 % der befragten Landwirtinnen und Landwirte sowie 53 % der ebenfalls dazu befragten Lohnunternehmen planen in den nächsten sechs Monaten Investitionen. Bei diesen Betrieben soll vor allem in Maschinen für die Außenwirtschaft für den Ackerbau sowie in erneuerbare Energien investiert werden (Grafik 2). Vorrangiges Ziel ist es, nicht mehr nur die Produktionskosten zu optimieren, sondern auch den politischen Vorgaben – Stichwort DüngeVO oder Reduktionsziele im Pflanzenschutz – gerecht zu werden. So stehen vor allem bei der Gülleausbringtechnik Ersatzinvestitionen an. »Das Agrarbarometer zeigt, dass die Branche sich mit Investitionen zurückhält und abwartet. Das ist fatal, denn gerade jetzt müssen die Betriebe investieren, um sich für die kommenden Herausforderungen zukunftsfähig aufzustellen«, sagt Nikola Steinbock, Sprecherin des Vorstandes der Landwirtschaftlichen Rentenbank. 28 % der Befragten geben an, Veränderungen zu planen. Dabei wollen die Landwirte insbesondere den Bereich Photovoltaik ausbauen bzw. neu aufbauen. Gleichzeitig planen 54 % keine Veränderungen, weitere 15 % wollen abwarten.
Unsicherheit ist Investitionsbremse. Die Mehrheit der Landwirte sieht in der Agrarpolitik der Bundesregierung einen der zentralen Gründe für die geringe Investitionsbereitschaft und die fehlenden Zukunftsperspektiven. Marktschwankungen und volatile Erzeuger- und Betriebsmittelpreise kennen die Landwirte und können zunehmend besser damit umgehen. Unternehmerisch eingestellte Betriebsleiter
lassen sich davon nicht einschüchtern – für sie sind die Preise nicht der einzige Maßstab für ihre betrieblichen Entscheidungen. Die entscheidende Frage für sie lautet vielmehr: Werde ich mit meiner Investition auch in 10, 15 oder 20 Jahren noch wettbewerbsfähig sein? Hilft die Investition, Produkte oder Dienstleistungen wettbewerbsfähig auf den Markt zu bringen? Kann ich kostendeckend produzieren
und einen Gewinn realisieren, der auch das unternehmerische Risiko entlohnt? Trägt die Investition zur mittel- und langfristigen Stärkung der Eigenkapitalbasis bei?
Je mehr Unsicherheit bei den Rahmenbedingungen, desto mehr Sicherheit muss in der strategischen Zukunftsausrichtung des Betriebes liegen. Die Prüfung der Finanzierungswürdigkeit und -fähigkeit bekommt zusätzliche Schwerpunkte, die da wären: stabile Bilanzstrukturen, exzellente Produktion (Kostenführerschaft), Controlling (Betriebssteuerung und Optimierung) und exzellente Betriebsführung (Einhaltung und Dokumentation gesetzlicher Rahmenbedingungen).
Die Anforderungen steigen und Landwirte sollten daher noch stärker als bisher die betriebswirtschaftliche und finanzielle Planung als ein selbstverständliches Werkzeug der Unternehmensführung auf die Agenda setzen. Das kommende Jahr zu planen und diese Planzahlen durch ein zeitnahes Controlling abzugleichen, wird unverzichtbar. Einen unternehmerischen Blindflug kann sich kein Unternehmer der Zukunft mehr leisten, dazu ist das Risiko zu hoch.
Ungeklärte Nachfolge. Die Belastung auf die Betriebsleiter ist enorm: Gesellschaftlicher Druck und öffentliche Anfeindungen, behördliche Auflagen, wirtschaftlicher Druck oder auch die getrübte Stimmung in der Familie, wenn kein Geld verdient wird – das lastet auf den Betrieben, und die nachfolgende Generation hinterfragt immer häufiger, ob sie das will. So hat mehr als ein Drittel der Betriebe mit Betriebsleitern älter als 55 Jahre die Nachfolge nicht geklärt.
Das zeigt: Der Strukturwandel wird weiter hoch sein. Die Betriebe, die heute weit entfernt sind von der Kostenführerschaft, werden aus der Produktion fallen. Natürlich gibt es nach wie vor hoch motivierte Landwirte, die die Produktion beherrschen, ausreichend Rücklagen gebildet haben und deshalb auch die zukünftigen Herausforderungen meistern werden. Letztlich bietet der Strukturwandel ja auch die Chance für weiteres Wachstum.