Biodiversität. Die Vorteile kooperativer Modelle
Wie kann der Erhalt und die Förderung von Biodiversität ein ökonomisch tragfähiges Standbein für den Betrieb sein? Beispiele aus Brandenburg zeigen einen Lösungsansatz.
Die Ansprüche an die Landwirtschaft sind vielfältig. Es wird eine Anpassung an den Klimawandel erwartet, ein herausragender Nettobeitrag in der Reduktion von Klimagasen gefordert, der Erhalt der Biodiversität und die Sicherung der Ernährung vorausgesetzt. Dies sind enorme Herausforderungen, welchen sich die Landwirtschaft in Kooperation mit der Gesellschaft stellen muss. Der Erhalt von Biodiversität ist nicht nur dem Erhalt bestimmter Arten zuträglich, sondern sichert darüber hinaus die Leistungsfähigkeit landwirtschaftlicher Systeme, Ökosystemleistungen zu erbringen bzw. solche Leistungen zu nutzen. Denken Sie etwa an die Bestäubung von Kulturpflanzen oder die natürliche Schädlingskontrolle. Diese Leistungen stehen bei Landwirten im Vordergrund, wenn es um den Erhalt der Biodiversität geht. So ist die Mehrheit von der Wichtigkeit der Biodiversität zum Erhalt und der Förderung von Bestäubung, Bodenfruchtbarkeit, Klimaschutz und Pflanzenschutz überzeugt.
Landwirte sind offen für honorierte Umweltmaßnahmen. Sie wenden sich aber gegen lästige Konditionalitätsverpflichtungen. Sie ließen Ökoregelungen links liegen, nicht weil diese mit ihren einjährigen Verpflichtungen der Umwelt wenig bringen, sondern anfangs einfach zu knapp kalkuliert waren. Auch bürokratische Auflagen hemmen die Akzeptanz der Landwirte. Mit den vorhandenen Förderprogrammen
aus Ökoregelungen (1. Säule) und Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (2. Säule) ist es für sie als Landwirte bislang nicht möglich, Biodiversität als eigenes ökonomisch tragfähiges Betriebsstandbein zu etablieren.
Rund um die Transformation des Landwirtschaftssektors und der Agrarpolitik werden daher auch privatwirtschaftlich ausgerichtete Modelle diskutiert. Insofern eröffnen Maßnahmen des Agrarnaturschutzes Möglichkeiten, Ökosystemdienstleistungen nachzukommen, jedoch ist die zur Verfügung stehende Fläche ein begrenzter Faktor. Zudem ergeben sich aus europäischen und nationalen Vorgaben vielfach Hemmnisse für Landwirte, die das Engagement zum Erhalt und der Förderung von Biodiversität auf dem eigenen Betrieb deutlich schmälern. Die bedeutendsten Herausforderungen sind:
- die Höhe der Förderbeträge kompensiert nicht immer die Kosten,
- unzureichende Flexibilität,
- hoher Dokumentationsaufwand,
- mögliche Sanktionen und
- der Zeitaufwand bei der Umsetzung.
Einige dieser Herausforderungen können mittels kooperativer Maßnahmen zur Förderung von Biodiversität reduziert und administrativ gebündelt werden.
Kooperation zwischen landwirtschaftlichen Betrieben
Überbetriebliche Modelle setzen auf die Kooperation zwischen landwirtschaftlichen Betrieben mit dem Ziel, Biodiversität nicht nur auf einzelnen Flächen, sondern im Kontext ganzer Agrarlandschaften zu erhalten und zu fördern. Gerade für die wichtigen »Leistungsträger« in Agrarlandschaften wie Bestäuber und Schädlingsantagonisten müssen unterschiedliche Lebensräume (d. h. Nahrungs-, Nist- und Refugialhabitate) vorhanden sein. In der deutschen Förderlandschaft sind überbetriebliche Modelle zur Kooperation zwischen landwirtschaftlichen Betrieben noch neu und bisher nur in den Fördermechanismen von Brandenburg integriert. Daher wird in vier mehrjährigen Vorhaben (KOMBI, KOOPERATIV, MoKo EULLa und MoNaKo) in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt erarbeitet, wie Verwaltungsprozesse angepasst und vereinfacht werden können und wie sich die überbetriebliche Koordinierung der Maßnahmen auf die Biodiversität und das Betriebsergebnis auswirkt. Diese vier Vorhaben bringen Akteure aus der Landwirtschaft, den ländlichen Kommunen und dem Naturschutz zusammen und entwickeln gemeinsam überbetriebliche Ansätze. Indem die Maßnahmen der teilnehmenden Betriebe aufeinander sowie auf die Landschaft abgestimmt werden, soll deren Effektivität gesteigert und das Umweltergebnis verbessert werden. Darüber hinaus erhalten teilnehmende Landwirte Beratung sowie Unterstützung bei der Beantragung und Durchführung der Maßnahmen. Die Kooperative kann dadurch eine höhere Flexibilität erlangen und gleichzeitig das Sanktionsrisiko und den Verwaltungsaufwand der einzelnen Landwirte senken.
Es steht immer die Wiederherstellung, der Erhalt und die Verbesserung der mit landwirtschaftlicher Nutzung verbundenen Ökosysteme im Vordergrund. Jedoch wird Wert auf den Erhalt landwirtschaftlicher Strukturen (d. h. Kulturlandschaften) und auf die Nutzung von Potentialen zum Klimaschutz hingewiesen. Im Gegensatz zu Brandenburg und Hessen gehen die anderen Bundesländer explizit auf die Bedeutung von Natura 2000-Gebieten ein, bzw. weisen auf die Wichtigkeit von moorschonenden Bewirtschaftungsformen in solchen Vorhaben hin.
Beispiel Brandenburg. Brandenburg ist das einzige Bundesland, was nicht nur Kooperationen fördert, sondern auch überbetriebliche
Maßnahmen in der Regelförderung vorsieht. Hierzu sind Kooperativen zu bilden, welche aus mindestens drei landwirtschaftlichen Betrieben bestehen und deren Management von einem externen Partner, wie z. B. einer Landschaftspflegeorganisation oder dem Bauernverband getragen wird. Die durchschnittliche Förderung beträgt 300 €/ha, in der auch die Transaktionskosten schon enthalten
sind. Spezifische Vorgaben zu Maßnahmen liegen nicht vor, jedoch sollen diese dem Klimaschutz und der Förderung der Biodiversität
dienen und partnerschaftlich mit den Bewirtschaftern umgesetzt werden.
Die Erfahrungen aus Brandenburg zeigen, dass die eröffnete Flexibilität in den Maßnahmen einen hohen Mehrwert für die Landwirte und die Natur erbringt. So haben der Landschaftspflegeverein Potsdamer Kulturlandschaft e.V. (LPV) mit den Landwirten Maßnahmen entwickeln und umsetzen können, welche in dieser Form in den Maßnahmenkatalogen nicht vorgesehen sind (z. B. Beweidung von Dauerkulturen mit Schafen). Dabei stellt der LPV sicher, dass naturschutzfachliche Aspekte berücksichtigt werden und ist gleichzeitig
der Ansprechpartner für die Behörden. Indem der LPV als Manager der Kooperativen fungiert, werden Planung, Beantragung und Bewirtschaftung im Sinne der Behörde und der beteiligten Landwirte umgesetzt. Externe, nicht beeinflussbare Naturereignisse wie Dürren und Überschwemmungen, welche die Zielerreichung der Maßnahmen gefährden und sich negativ auf die beteiligten Betriebe
auswirken könnten (z. B. Sanktionen), werden in einer Kooperative abgepuffert.
Momentan erhalten in Brandenburg sieben Kooperativen die Regelförderung für kooperative Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen. Alle Kooperativen haben ein Fachkonzept erstellt (Einreichung bis Ende August), welches von den Landesbehörden geprüft wurde. Angenommene Fachkonzepte wurden dann im Agrarantrag der Kooperative, welche eine eigene Betriebsnummer hat, bis zum 15. Dezember verarbeitet und bis zum 15. Mai des Folgejahres ausgezahlt. Als herausfordernd stellt sich die Planung über einen Zeitraum von fünf Jahren vor allem für Ackerbaubetriebe heraus, welche mittels Flächentausch den Anbau überbetrieblich flexibilisieren. Unabhängig dessen schätzen Landwirte die Minderung von betriebswirtschaftlichen Risiken und den Wissensaustausch über diese Form der Kooperation und gemeinsam umgesetzten Maßnahmen.
Prof. Dr. Jens Dauber, Thünen-Institut Braunschweig, Dr. Olivia Kummel, Verein für Landschaftspflege Potsdamer Kulturlandschaft e.V., Ludwig Riedesel, Kiebitz sowie Vanessa Immel und Prof. Dr. Nils Borchard, DLG