Zuckerrübe. Wenn die Zukunft auf dem Spiel steht...
... dann greift man nach jedem Strohhalm. So ist es aktuell im Zuckerrübenanbau. Die gesamte Branche sucht akribisch nach Ansätzen, um SBR zu begegnen. Aktuelle Erkenntnisse aus einem Forschungsprojekt in Baden-Württemberg stellt Maximilian Groß vor.
Die Schilf-Glasflügelzikade verursacht massiven Schaden an der Zuckerrübe. Sie profitiert vom Klimawandel und tritt seit einigen Jahren vermehrt vor allem in Süddeutschland auf. Durch die Übertragung eines Bakteriums wird in der Zuckerrübe die Krankheit SBR ausgelöst.
Als Folge sinkt der Zuckergehalt in der Rübe dramatisch ab. Neben SBR gibt es aber noch weitere Herausforderungen, die es für einen zukunftsfähigen Zuckerrübenanbau zu meistern gilt. In dem EIPProjekt BETA-Climate haben wir vom Verband baden-württembergischer Zuckerrübenanbauer gemeinsam mit dem LTZ Augustenberg innovative Anbauverfahren mit Zwischenfrüchten, verschiedenen Bodenbearbeitungs- und Pflanzenschutzstrategien geprüft. Darüber hinaus ging es um mögliche pflanzenbauliche und biologische Verfahren zur Regulierung der Schilf-Glasflügelzikade.
Was haben wir gemacht?
Zunächst haben wir im Herbst 2022 einen Zwischenfruchtversuch angelegt. Dabei wurden auf sechs Praxisbetrieben drei verschiedene
Mischungen ausgesät. Die Zwischenfrüchte wurden dann in der ersten Frostnacht des Jahres bei – 7 °C mit einer Güttlerwalze niedergewalzt und liegen gelassen. Im März erfolgte dann das Legen der Rüben in einer Art Strip-Till-Verfahren direkt in die abgefrorene Zwischenfrucht. Durch den unbearbeiteten Boden zwischen den Reihen sollte die Unkrautunterdrückung sowie der Erosionsschutz maximiert werden. Gleichzeitig überprüften wir mögliche Nebeneffekte der Zwischenfrüchte bzw. der Mulchablage auf die Schilf-Glasflügelzikade. Neben allelopathischen Effekten scheinen auch optische Reize den Zuflug zu beeinflussen. Die Unkrautbekämpfung in den Zwischenfruchtstreifen erfolgte mit der Hacke.
Im Folgejahr wurde der Versuch wiederholt. Die mechanische Unkrautbekämpfung war in 2023 und 2024 aufgrund der Witterung nur eingeschränkt möglich. Das führte zum Teil auch zu Erosion, da einige der Versuchsstandorte im Kraichgau (kupiertes Gelände) lagen. Die Schwierigkeiten dieser beiden Jahre zeigen auf, dass die mechanische Unkrautbekämpfung ihre Grenzen hat und auf Herbizide nicht
vollständig verzichtet werden kann.
Verschiedene Ansätze zur Bekämpfung der Zikade
Am LTZ Augustenberg fand eine Vielzahl an Gewächshausversuchen statt. Zum einen wurden die Einzelkomponenten der Zwischenfruchtmischungen auf die Vermehrungsrate der Nymphen getestet. Hierfür wurde eine definierte Zahl an Nymphen in die verschiedenen Versuchsglieder gesetzt. Über einen Zeitraum von zwei Monaten erfolgte eine Bonitierung der überlebenden Tiere. Dabei zeigte sich, dass Abessinischer Senf die geringste Vermehrungsrate aufweist (Grafik 1). Allerdings gilt hierbei zu beachten, dass Einzelkomponenten in einer Mischung eine andere Wirkung auf die Nymphen aufweisen.
Ein weiterer Ansatz ist die Bekämpfung der Nymphen im Zyklus nach der Rübe. Mit dem Mittel Attracap fanden Feldversuche zur Bekämpfung der Nymphenpopulation in der Folgekultur statt. Das Mittel ist aus dem Kartoffelbau bekannt und wird dort gegen den Drahtwurm eingesetzt. Es handelt sich um ein Granulat, das mit einem insektenschädigenden Pilz (Metharhizium brunneum Cb15-III) und Bäckerhefe angereichert ist. Letztere soll der Nymphe eine Pflanzenwurzel »vortäuschen«. Der Pilz parasitiert die Nymphe, und eine weitere Populationsentwicklung wird gestoppt. In einem Exaktversuch wurde Attracap einmal vor der Winterweizenaussaat 15 cm tief mit dem Grubber eingebracht und einmal 2 – 3 cm zur Saat des Winterweizens. Im Frühjahr ließ sich der Ausflug mithilfe von Fangzelten und handelsüblichen Gelbtafeln bonitieren. Parallel dazu fand im Gewächshaus ein Versuch mit verschiedenen Aufwandmengen sowie Formulierungen des Mittels statt. Unterm Strich konnte die Applikation keine signifikanten Unterschiede in der Nymphenpopulation hervorrufen.
Was bringen Pflanzenhilfsstoffe und Blattdünger?
Können sie möglicherweise die Rüben gegen die Bakterien stärken? Das haben wir mit drei Applikationsstrategien sowie zwei verschiedenen Mischungen von Pflanzenhilfsstoffen auf Praxisschlägen getestet. Die Mischungen beinhalteten mehrere Spurenelemente. Das erste Versuchsjahr hat eine Abnahme der zugeflogenen Zikaden gezeigt (Grafik 2). Im Folgejahr war das jedoch nicht der Fall. Insgesamt scheinen Pflanzenhilfsstoffe und Blattdünger einen Effekt auf den Zustand der Rübenbestände zu haben, allerdings keinen direkten Einfluss auf die Zikadenpopulation. Die Ergebnisse aus diesem Jahr stehen noch aus.
Im Jahr 2023 haben wir zudem 9 Quadratmeter der Zuckerrüben über die gesamte Vegetation mit einem Käfig aus Kulturschutznetz bedeckt. Ringsherum ist der Bestand durch SBR und Stolbur vollkommen zusammengebrochen. Unter dem Netz entstand hingegen kein Schaden. Das belegt, dass eine physische Barriere die Zikade abhält. In diesem Jahr haben wir diese Aufbauten modifiziert und unterschiedliche Höhen sowie teils nach oben offene Konstruktionen getestet. Erste visuelle Eindrücke lassen darauf schließen, dass eine Art »Zaun« bereits ausreicht, um die Kultur zu schützen. Eine Überdachung scheint nicht zwingend notwendig zu sein.