Humus. Alte und neue Theorien
Dass sich Humusaufbau positiv auf die Bodenfruchtbarkeit auswirkt, ist in der Forschung seit Langem Konsens. Neue Erkenntnisse gibt es aber zur Zusammensetzung, Entstehung und Umsetzung von Humus, zeigt Norman Gentsch.
Konzepte und wissenschaftliche Theorien sind stetig im Wandel. Sie sind so lange gültig, bis sie widerlegt oder durch neue Erkenntnisse abgelöst werden. So auch die Vorstellung über den Aufbau und die Entstehung der organischen Substanz im Boden, dem Humus.
Die historische Vorstellung. Seit Beginn der Bodenkunde hat man den dunklen organischen Bestandteilen im Boden große Beachtung gewidmet. Denn schnell war klar, »dunkel« bedeutet »fruchtbar«. Doch die enge Beziehung zwischen Mineralen und organischen Bestandteilen im Boden machen eine Untersuchung schwierig. Der »alte« Ansatz war, die dunklen Bestandteile zu extrahieren. Bereits seit über 100 Jahren wurden dazu stark alkalische Lösungen verwendet. Die gebräuchlichste Fraktionierung erfolgte mit Natriumhydroxid
bei pH 13. Bei diesem pH-Wert werden alle funktionellen Gruppen, die Sauerstoff enthalten, ionisiert und gehen in Lösung. Der unlösliche Rest wurde als »Humin« bezeichnet. Nach erneuter Ansäuerung des Extrakts entstand ein schwarzer Niederschlag am Boden, die »Huminsäure«. Die sogenannten »Fulvosäuren« verblieben in Lösung.
Diese hierarchische Fraktionierung durchlief viele Anpassungen im Laufe der Zeit, doch das Grundproblem blieb über Jahrzehnte bestehen: die Auflösung organischer Primärsubstanzen und die Schaffung »künstlicher« Fraktionen, die in ihrer Gesamtheit als »Huminstoffe« bezeichnet wurden. Die Huminstoffe sind in ihrer Zusammensetzung hoch molekulare komplexe Ketten und Ringe, die ganze Kapitel in älteren Lehrbüchern füllten.