Die Risikofaktoren für das Auftreten von Ährenfusariosen, wie Vorfrucht und Bodenbearbeitung, sind hinreichend beschrieben. Dagegen gibt es bei den Sorten bislang keine offizielle Einstufung zur Leistung in der Reduktion von Toxin. Besonders die Sortenresistenz stellt im integ rierten Bekämpfungsansatz gegenüber den Ährenfusarium- verursachenden Pilzen Fusarium graminearum und Fusarium culmorum aber eine Basisversicherung für den Landwirt dar. Vor dem Hintergrund, dass einige der zugelassenen und wirksamen Azole (z. B. Tebuconazol, Metconazol, Difenoconazol, Bromuconazol) als CfS eingestuft wurden und somit eine erneute Wirkstoffgenehmigung nicht exakt abzuschätzen ist, verringert sich die Zahl möglicher Ins trumente des Integrierten Pflanzenschutzes.
Die Frühjahrswitterung kann bei Vorhandensein des Inokulums die Entwicklung der Fusarien auf den Ernterückständen fördern oder bei Trockenheit auch hemmen oder verlangsamen. Herrschen zur Blüte des Getreides, dem anfälligen Stadium bei Weizen und Triticale, befallsfördernde Bedingungen wie Temperaturen von 15 bis 25 °C in Verbindung mit wiederholten Niederschlägen, ist mit Infektionen zu rechnen. Der Landwirt kann dann nur noch mit einem zugelassenen, wirksamen Fungizid den Schaderreger bekämpfen und die Bildung der toxischen Stoffwechselprodukte vermeiden. Dazu steht ihm nur ein Anwendungsfenster von drei bis vier Tagen vor und nach einer Infektion zur Verfügung.
Welche Möglichkeiten zur Bekämpfung durch Fungizide oder alternative Substanzen gibt es? Wie lässt sich der Ährenbefall und die Deoxynivalenol(DON)-Anreicherung im Erntegut reduzieren?
Wirkstoffverfügbarkeit.
Derzeit stehen zur Bekämpfung von Ährenfusarium in Weizen, Gerste, Roggen und Triticale Tebuconazol, Prothioconazol, Bromuconazol, Metconazol und Difenoconazol als Wirkstoffe in zugelassenen Fungiziden zur Verfügung. Allerdings hat die EFSA die meisten davon als »zu ersetzende Wirkstoffe« klassifiziert (Übersicht). Zudem ist die Verfügbarkeit einiger Wirkstoffe bis Ende 2023 limitiert. Neuere Wirkstoffe sind sicherlich in der Entwicklung, aber noch nicht genehmigt und somit auch in keinem Fungizid verfügbar. Auf Basis dieser Datenlage wurde untersucht, welchen Beitrag andere Substanzen im Rahmen einer integrierten Bekämpfungsstrategie zur Minderung des Risikos beitragen können.
In Freilandversuchen am JKI-Versuchsstandort Ahlum wurden 2021 und 2022 Testgenotypen zu Beginn der Blüte in BBCH 61-63 mit einer Konidiensuspension von Fusarium culmorum und Fusarium graminearum (25 000 Sporen/ml) einmalig künstlich inokuliert. In den Untersuchungen wurden die Wirkstoffe Tebuconazol, Prothioconazol, Difenoconazol und Metconazol in zugelassenen Fungiziden getestet. Als alternative Substanzen wurden die Produkte Bion (AS: Acibenzolar-S-methyl) und Megafol (AS: organischer Stickstoff und organischer Kohlenstoff; Kaliumoxid wasserlöslich) sowie der Endophyt Plectosporium tabacinum integriert.
Die Anwendung der Testprodukte erfolgte etwa 48 Stunden nach der Inokulation. Anschließend wurden die Befallssymptome anhand der Parameter »severity« (Befallsstärke) und »incidence« (Befallshäufigkeit) visuell über einen Zeitraum von vier bis fünf Wochen nach der Inokulation erfasst und der Ährenfusariumbefall (»fusarium head blight«) errechnet. Ergänzend zur visuellen Befallsbewertung erfolgte mittels Laboruntersuchungen die Feststellung der DON-Belastung im Erntegut.
Die Ergebnisse zeigen in der unbehandelten Kontrolle 29 Tage nach der Inokulation einen Ährenfusariumbefall von 32,3 %, der durch die Fungizide Magnello + Abran bzw. Soleil + Curbatur auf 11 bis 12 % reduziert wurde, was einem Wirkungsgrad von etwa 70 % entspricht (Grafik 1). Die Applikation von Megafol, einem Biostimulans, führte gegenüber der unbehandelten Kontrolle zu einer leichten Erhöhung des sichtbaren Ährenbefalls. Die Produkte Bion und der Endophyt Plectosporium tabacinum, welche vorbeugend zehn Tage vor Inokulation zweimal appliziert wurden, führten zu einer Befallsreduktion von 5 bis 7 %.
Der höhere sichtbare Ährenbefall führte zu einer starken Belastung von 20 mg/kg DON im Erntegut in der unbehandelten Kontrolle.
Durch die Fungizide in der Kombination Magnello + Abran bzw. Soleil + Curbatur konnte die Belastung um 50 bis 55 % reduziert werden (Grafik 2). Demgegenüber bewirkten der Endophyt Plectosporium tabacinum und das Biostimulans Megafol sogar eine Erhöhung des DONGehaltes um 30 bis 33 %.
Aus diesen Werten lässt sich ableiten, dass es zu einer weiteren Stresssituation für die Pflanze gekommen sein muss, die die Infektion und interzelluläre Ausbreitung im Pflanzengewebe für den Erreger begünstigte. Durch das myzelartige Wachstum des Schadpilzes konnte somit mehr DON in das Pflanzengewebe abgegeben werden. Die Auswertung der Daten belegte zudem, dass eine enge Beziehung zwischen der Reduktion des erfassten sichtbaren ÄhÄhrenbefalls und der im Korn vorhandenen Toxinbelastung vorliegt (für beide Jahre ein mittleres Bestimmtheitsmaß von 0,73). Die Kombination verschiedener Maßnahmen, die einen geringen sichtbaren Befall bewirken, führt offenbar auch zu einer niedrigen Toxinbelastung. Allerdings können unter bestimmten Anbaubedingungen Herbstinfektionen mit Fusariumarten stattfinden, die gegebenenfalls wasserlösliche Toxine im Halm ausscheiden, die dann in die Ähre transportiert werden können.
Auch die Leistung von Weizensorten mit unterschiedlicher Anfälligkeit wurde in Kombination mit der Fungizidmischung Caramba + Curbatur bewertet (Grafik 3). Die Daten belegten, dass nur durch den Anbau einer gering anfälligen Sorte wie SU Anapolis die DON-Belastung unter den Testbedingungen im Vergleich zu der hochanfälligen Sorte Tobak um 80 % reduziert werden konnte. Dabei beruht die Reduktionsleistung auf der Minderung der Befallshäufigkeit; also es waren deutlich weniger Ährchen infiziert worden. Wurde jetzt die Kombination Caramba + Curbatur (AS: Metconazol + Prothioconazol) appliziert, konnte der Wirkungsgrad der Toxinminderung um 5 bis 15 % erhöht werden.
Ausblick.
Die Problematik der Mykotoxine zählt nach wie vor zu den Arbeitsschwerpunkten im Pflanzenschutz, um einen vorbeugenden Verbraucherschutz sicherzustellen. Integrierte Bekämpfungskonzepte gilt es zur Kontrolle der toxinbildenden Fusariumarten zu optimieren und neue Strategien zu entwickeln. Besonders die festgestellte Verschiebung beim Auftreten der Fusariumarten dürfte auch das Spektrum möglicher Toxine im Erntegut verändern (z. B. Fusarium langsethiae).
Die Studien belegen, dass wirksame Fungizide zur Verfügung stehen, die allerdings CfS-Wirkstoffen enthalten. Da diese substituiert werden sollen, wird es vermutlich zu einer deutlichen Einschränkung der Mittelauswahl kommen. Alternativen zu den chemisch-synthetischen Mitteln erreichen das Bekämpfungsniveau derzeitiger Mittel nicht. Generell ist zu hinterfragen, inwieweit diese und künftige Substanzen in das System des integrierten Bekämpfungsansatzes eingebunden werden können.
Bei Winterweizen sind sogar neue Sorten verfügbar, die in der Lage sind, die Toxinbelastung um 70 bis 80 % im Vergleich zu einer sehr hochanfälligen Sorte zu reduzieren. Damit wird auch das derzeitige Reduktionspotential zugelassener Fungizide deutlich überschritten. Durch die Kombination von Sortenwahl und gegebenenfalls Fungizideinsatz als integrierter Ansatz lassen sich noch höhere Bekämpfungserfolge erzielen.
Um letztlich hohe Bekämpfungsgrade zu erreichen, sollten künftig an Risikostandorten immer Prognosemodelle und witterungsabhängige Vorhersagen in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Nur so lässt sich die Notwendigkeit der Fungizidmaßnahme prüfen und eine optimale Terminierung der Ausbringung gewährleisten.