Technik. Eine Feldspritze im Schnee?
Vor drei Jahren machte ein riesiges Bild der Mona Lisa auf sich aufmerksam, das mit einer Feldspritze in den Schnee »gemalt« worden war. Schriftzüge im Feld anhand von Applikationskarten waren nichts Neues. Dabei Farbkontraste zu realisieren, allerdings schon.
Möglich machte dies 1635 l umweltfreundliche Farbe, eine Applikationskarte, GPS sowie Pulsweitenmodulationstechnik (PWM) und ein Düsenabstand von 25 cm. Damit demonstrierte das niederländische Unternehmen Agrifac die Präzisionsleistung seiner Pflanzenschutztechnik. Mittlerweile laufen von diesen Maschinen 15 in Deutschland und weltweit mehrere Hundert.
Bei der PWM-Technik wird jede Düse mit hoher Frequenz über ein spezielles elektrisches Ventil permanent an- und ausgeschaltet und kann so individuell dosieren. In der Praxis lässt sich so die Ausbringmenge z. B. an wechselnde Geschwindigkeiten bei Kurvenfahrt oder am Vorgewende anpassen, ohne dass sich der Druck und das Tropfenspektrum ändern.
Die Einheit Hertz beschreibt, wie oft das PWM-Ventil pro Sekunde öffnet und schließt. Je höher die Frequenz, desto kürzer ist die Öffnungszeit. Gängige Systeme arbeiten mit 30 bis 50 Hz. Agrifac erreicht Reaktionszeiten bis 100 Hz. Das Unternehmen gehört zur französischen Exel-Gruppe und gilt als Premiumanbieter von Pflanzenschutzselbstfahrern sowie Vorreiter bei Präzisionslösungen. So
entwickeln die Niederländer nicht nur ihre PWM-Technik selbst, sondern über die Tochter Exxact Robotics auch eigene Kameralösungen.
Mit der Präzisionsfrage beschäftigen sich heute im Grunde alle bekannten Spritzenhersteller und arbeiten in der variablen Ausbringung von Flüssigdünger und Pflanzenschutzmittel mehr oder weniger mit den gleichen Verfahren und Technologien. Bei der Generierung der Applikationskarten werden grundsätzlich zwei Wege unterschieden: Beim absetzigen Verfahren werden Satellitenbilder genutzt, oder ein Drohnenflug mit Kamera ist vorgeschaltet. Beim Onlineverfahren ist ein Kamerasystem am Gestänge verbaut und die Applikationskarte entsteht in Echtzeit während der Überfahrt. Bei der eigentlichen Applikation reichen die technischen Möglichkeiten heute mit Spezialmaschinen sogar für Spots von nur 6 x 6 cm. Mit der Feldspritze ist eine Genauigkeit im Raster von 25 x 25 cm allerdings schon sehr hoch. Je kleiner das Raster, desto höher das Einsparpotential an Pflanzenschutzmitteleinsatz, z. B. in
der Unkrautregulierung.
Seit mittlerweile acht Jahren beschäftigen sich die Entwickler bei Agrifac auch mit Kameratechnik. Treiber war damals der australische Markt. Entscheidend sei nicht nur die Qualität der Kamera, von der pro m Gestängebreite eine verbaut wird. Die Optimierung des Gesamtsystems ermögliche höhere Leistungen bei Präzision und Fahrgeschwindigkeit. Allerdings habe man bisher noch keines dieser Systeme nach Deutschland verkauft. Für die kleinstrukturierte Landwirtschaft mit vergleichsweise vielen verschiedenen Kulturen und Unkräutern wie in Holland oder Westdeutschland dürften absetzige Verfahren derzeit noch die wirtschaftlichere Lösung sein. Zumal bei vielen Landwirten bereits digitales Kartenmaterial aus der variablen Düngung und Ernte existiert. Drohnensysteme lassen sich zudem einfacher auf neue Kulturen trainieren. Denn mit ihnen können hochauflösende Multispektralkameras zum Einsatz kommen, die aufgrund ihrer Anzahl an der Feldspritze zu teuer wären. Auf den großen Flächen Ostdeutschlands hingegen dürfte die Drohne an ihre Leistungsgrenze stoßen und sich ein OnlineKamerasystem am ehesten bezahlt machen – zunächst in Reihenkulturen. Dieses Verfahren hat aber allerdings nach wie vor den Nachteil der Restmenge, wohingegen sich die Spritzbrühemenge beim absetzigen Verfahren ziemlich genau planen lässt.
Egal welche Verfahren zum Einsatz kommen, der Mehrwert von Präzision im Pflanzenschutz liegt laut Agrifac nicht nur darin, Betriebsmittel einzusparen und die Umwelt zu schonen. Dadurch, dass der Kulturpflanzenbestand in Summe weniger Stress ausgesetzt werde, seien auch höhere Erträge möglich.