Agritechnica-Neuheiten 2023
Wenn vom 12. bis 18. November 2023 die Tore der Agritechnica auf dem Messegelände in Hannover öffnen, dann bietet sich wieder die Möglichkeit ein Potpourri an Technik-Neuheiten zu entdecken. Die Weltleitmesse steht in diesem Jahr unter dem Motto "Green Productivity". Hier finden Sie einige ausgewählte Produkte.
Case IH: Zugpferd auf Raupen
Immer mehr Schlagkraft, höhere Effizienz und maximale Zeitersparnis sind die Ziele der Großlandwirtschaft. Dem hat sich Case IH angenommen und stellt den stärksten jemals gebauten Quadtrac mit der Bezeichnung Quadtrac 715 AFS Connect vor. Dabei legt der Hersteller großen Wert auf das Thema Bodenschonung.
Mehr Kraftstoff an Bord
Das neue Modell 715 ist der erste Traktor im Portfolio, der mit dem neuen 16-l-Cursor-Motor von FPT mit zweistufigem Turbolader ausgestattet ist. Sein Hubraum ist 23 % größer als der 13-l-Cursor-Motor des Quadtrac 645 mit zweistufigem Turbolader. Der Motor erreicht seine Spitzenleistung von 778 PS bei 1 900 U/min, bietet aber bereits bei 1 400 U/min ein maximales Drehmoment von 3 255 Nm. Größere Satteltanks am hinteren Haupttank mit einem Gesamtfassungsvermögen von 1 968 l reduzieren die Zahl der Tankstopps. Das neue Case IH PowerDrive-Lastschaltgetriebe mit 16 Gängen und automatischem Produktivitätsmanagement (APM) kam bei der kürzlich eingeführten Quadtrac AFS Connect-Baureihe erstmals auf den Markt.
Weniger Bodenverdichtung
Die neuen Heavy-Duty-Bandlaufwerke unterscheiden sich laut Hersteller deutlich von den anderen Quadtrac-Modellen. Sie sind 305 mm länger. Das bedeutet mehr Aufstandsfläche, bessere Kraftübertragung, mehr Traktion und weniger Bodenverdichtung. Der Durchmesser des Antriebsrades wurde von 910 auf 1 008 mm vergrößert und fünf statt bisher vier Stollen stellen eine formschlüssige Verbindung zum Antriebsrad her.
Kabine für einen entspannten Arbeitsalltag
Ein komfortabler, schwenkbarer Aufstieg ermöglicht einen sicheren Einstieg in die Kabine. Eine 4-Punkt-Kabinenfederung sorgt für hohen Fahrkomfort. Ein überarbeitetes Beleuchtungskonzept erzeugt mehr Licht für lange Arbeitstage. AFS Connect ermöglicht die Aufzeichnung von Fahrzeug- und Ackerbaudaten sowie die bidirektionale Datenübertragung zwischen Traktor und dem Onlineportal myCaseIH sowie die Fernüberwachung der Maschine mit Unterstützung durch den Besitzer oder – mit entsprechender Berechtigung – den Händler.
Für schwere Anbaugeräte
Das Zugpendel der Kategorie 5 ist laut Hersteller optimal auf die Anbaugeräte des neuen
Traktors abgestimmt. Das optionale Dreipunkthubwerk der Kategorie 4, das kürzlich auch bei anderen neuen Quadtrac-Modellen eingeführt wurde, hat eine Hubkraft von 10 092 kg. Bis zu acht Zusatzsteuergeräte werden von einer Hydraulikpumpe mit 216 l/min oder einer optionalen TwinFlow-Hydraulikpumpe mit 428 l/min versorgt.
Steyr: Erstmals Hybridtraktor vorgestellt
Auf der Agritechnica 2023 stellt Steyr den Hybrid CVT vor – ein Entwicklungsmodell, das bereits auf dem Feld im Einsatz ist und zahlreiche Konzepttechnologien der Serienreife näherbringen soll. Der Hybrid CVT beruht auf der etablierten Steyr 6175 Impuls-CVT-Plattform und ist mit vielen technischen Merkmalen ausgestattet, die früher bereits beim ersten Konzepttraktor und beim Hybrid Drivetrain-Konzept zu sehen waren. Während es sich dabei jedoch um Entwicklungskonzepte handelte, ist der Hybrid CVT ein voll funktionsfähiger Traktor, der laut Hersteller kurz vor der Serienreife steht.
Intelligentes Allradkonzept
Eines der Hauptmerkmale des Hybrid CVT ist, dass er zwar auf der 180 PS (Nennleistung) starken Steyr 6175 Impuls-CVT-Plattform basiert, aber mit der zusätzlichen Leistung eines noch größeren Modells ausgestattet wurde, das 260 PS leistet. Ermöglicht wird diese Kombination aus höherer Leistung und geringerem Gewicht vor allem durch die Kombination aus hydromechanischem CVT-Antrieb an der Hinterachse und einem zusätzlichen Hybridmodul an der Vorderachse, die beide über eine intelligente Allradkupplung zusammenarbeiten. Die ECVT-Funktion ermöglicht den rein elektrischen Antrieb mit bis zu 75 kW bei niedrigen Motordrehzahlen bis 1 100 U/min. Die aktuelle Fahrgeschwindigkeit wird über den elektrischen Antrieb ohne mechanische Verbindung zum Motor beibehalten. Das reaktionsschnellere E-Shuttle lässt den Dieselmotor im Leerlauf und führt Richtungswechsel schnell und kraftstoffsparend elektrisch aus.
Energie gewinnen
Der zusätzliche elektrische Antrieb bietet dem Nutzer weitere Vorteile. E-Steering beschleunigt die Vorderachse bei Kurvenfahrten auf dem Feld zusätzlich, verringert dadurch den Wen- dekreis (um bis zu 15 %) und ermöglicht so ein schnelleres Manövrieren. E-Boost stellt bei Bedarf zusätzliche elektrische Leistung zur Verfügung. Das System ermöglicht es zudem, Energie bei Bergabfahrten zu speichern, um sie bei Bedarf wieder zu nutzen.
Drehmoment je nach Bedarf
Mit E-Torque Vectoring wird das Drehmoment je nach Bedarf an die Vorder- oder Hinterräder geleitet, wodurch ein variables, bedarfsorientiertes Allradsystem entsteht. Bei der Feldarbeit werden die Vorderräder exakt mit der gleichen Geschwindigkeit elektrisch angetrieben wie die Hinterräder, um eine optimale Traktion ohne erhöhten Vortrieb zu gewährleisten. Kraftstoffverbrauch, Reifenverschleiß sowie Boden- und Flurschäden durch Schlupf werden reduziert. Das bedeutet, dass der Allradantrieb auch auf der Straße eingesetzt werden kann, ohne dass die Reifen zusätzlich abgenutzt werden oder der Fahrer sich über schlechtes Fahrverhalten beklagen muss. E-Braking hält die Geschwindigkeit des Traktors bei Gefälle konstant und nutzt den elektri- schen Antriebsstrang wie einen Retarder, um den Bremsenverschleiß zu minimieren und die Fahrsicherheit zu erhöhen. Der Hybrid CVT kann auch kompatible Anbaugeräte über die E-Implement-Technologie mit bis zu 75 kW bei 700 V über einen Hochvolt-AEF-Anschluss elektrisch antreiben, um deren Funktionen und bei Bedarf auch deren Räder bzw. Achsen zu betreiben.
Horsch: Einfach nur Rahmen
Die Revolution inform autonom fahrender Maschinen findet nicht in Deutschland statt, sondern in Brasilien. Und weil man bei Horsch immer auf Kehrtwendungen gefasst sein darf, gab es jetzt zwei Ankündigungen: Das vor ein paar Jahren als Prototyp gezeigte Raupen-Zugfahrzeug wird nicht weiterentwickelt. Im Vergleich zum Schlepper sei es – gemessen an der geringen Flexibilität – einfach zu teuer, sagt Michael Horsch. Stattdessen hat er eine neue Idee bereits in Stahl und Eisen gegossen: einen Geräteträger, der so aussieht wie die seit 50 Jahren bekannte »Gantry« und von Horsch auch so genannt wird.
Anders als etwa der Goldmedaillen-prämierte NeXat soll er nur ein Arbeitsgerät tragen, z. B. die Sämaschine. Alles andere verursache nur Kompromisse. Dies aber in großer Arbeitsbreite. Die große Herausforderung dabei ist, das Dreirad präzise in der Spur zu halten und zu vermeiden, dass sich wegen irgendwelcher Hindernisse (und sei es ein Strohhaufen) der Boden aufschiebt. Denn trotz der Kabine soll es keinen Fahrer mehr geben, der regelmäßig auf der Maschine sitzt. Wer von einer solchen Lösung für Westeuropa träumt: Der Clou besteht gerade darin, dass alle dort notwendigen konstruktiven Straßenverkehrsverkrampfungen wegfallen. Denn außerhalb des Feldes kann eine solche Maschine nicht fahren.
Lemken: Immer breiteres Angebot für die mechanische
Unkrautregulierung
Mit der Entscheidung, sich von den Pflanzenschutzgeräten zu verabschieden, und durch den Kauf der niederländischen Firma Steketee (2018) hat Lemken ein starkes Statement für den eigenen Anspruch eines »Next level farming« abgegeben. Jetzt ist der nächste Schritt fällig: Die Steketee-Produkte werden blau. Das soll wohl auch heißen: Hacken ist nichts mehr nur für Spezialisten, sondern eine Option für alle Landwirte. Dazu wird in Dinteloord (Holland) im November 2023 ein neues Werk für die Hacktechnik eröffnet, das es erlaubt, die Nachfrage zu bedienen. In den letzten fünf Jahren hat sie sich verdreifacht.
Aber zum »chemiefreien Glück« fehlte bisher noch ein entscheidendes Element: ein Striegel. Den bringt Lemken nun unter dem Namen Thulit. Zwar werden 2024 nur 50 Exemplare mit Arbeitsbreiten von 6 und 9 m gebaut, aber für 2025 sind größere Stückzahlen und vor allem eine Variante mit 12 m geplant. Der Thulit ist im Vergleich mit vor allem im Ökolandbau eingesetzten Striegeln etwas schwerer, weil (so heißt es) der typische Lemken-Kunde etwas schneller fahren wolle. Technisch besteht das Gerät aus vier Balken und acht Reihen Striegelzinken, die mit einem Strichabstand von 31 mm angeordnet und leicht wechselbar sind. An die Stelle von sonst üblichen Federkombinationen tritt eine hydraulische Zinkendruckeinstellung. Der Druck kann während der Fahrt stufenlos auf bis zu 5 kg eingestellt werden.
Kverneland widmet sich mechanischer Unkrautbekämpfung
Mit der Übernahme des französischen Herstellers BC Technique S.A.S. sind auch Kverneland und Kubota Anfang 2023 in den wachsenden Markt für die mechanische Unkrautbekämpfung eingestiegen. Das Programm umfasst unter anderem die Reihenhacke Onyx. Mit ihrem modularen Konzept ist eine Anpassung an verschiedene Kulturen und Reihenbreiten bis zu 12,5 cm möglich. Um die Einsatzmöglichkeiten zu erweitern, will Kverneland künftig auch kombinierte Systeme aus der mechanischen Unkrautregulierung und der Ausbringung von Pflanzenschutz- und Düngemittel anbieten. Diese sollen ab 2024 als 0-Serie erhältlich sein. Darüber hinaus haben die Norweger nun auch die Rollhacke Helios im Portfolio, die in Arbeitsbreiten von 3 m starr bis 6,4 m klappbar verfügbar ist.
Väderstad mit neuer Produktfamilie
Im Frühjahr übernahm Väderstad die Produktfamilie der Reihenhacken des dänischen Unternehmens Thyregod. Nun präsentieren sich die einst grünen Maschinen in rot-gelbschwarz. Die Hacken tragen bei Väderstad den Namen Extract. Zunächst werden zwei Modelle verkauft: die gezogene Extract L 16-48 und die angebaute Extract V 8-36. Beide sind mit Reihenabständen von 22,5 bis 75 cm erhältlich.
Die Extract verfügt über einen hohen Hauptrahmen und eine patentierte Lösung zum Anheben der Reiheneinheiten, wodurch einerseits eine Beschädigung der Pflanzen vermieden wird und andererseits die Bearbeitung zwischen den Reihen über einen längeren Zeitraum in Bezug auf die Pflanzenhöhe möglich ist. Bei der Extract L können außerdem zwei Rahmen in einem Hauptrahmen untergebracht werden, was die übliche Arbeitsbreite und Effizienz verdoppelt und dem Landwirt somit eine Überfahrt erspart. Die Einführung soll ab Mitte 2024 mit der Extract V 8-36 beginnen, die gezogenen Modelle folgen.
Amazone: Neues in der Pflanzenschutz- und Düngetechnik
Die Selbstfahrspritze Pantera wird mit dem neuen Modell 7004 noch größer. Aber nicht nur der 7000-Liter-Tank (und damit Namensgeber) ist neu an der Maschine. Sie kommt auch mit einem neu entwickelten Fahrwerk daher, welches beste Fahrstabilität und höchsten Fahrkomfort verspricht. Die hydropneumatische Federung wird adaptiv angesteuert, wodurch die Fahrwerkseigenschaften je nach Fahrsituation optimal angepasst werden. Hervorzuheben ist außerdem die bodenschonende Funktion des spurversetzten Fahrens, bei der z. B. die Vorderräder auf minimaler und die Hinterräder auf maximaler Spurweite eingestellt werden, damit der Boden nur einmal überrollt wird. Für maximale Bodenschonung können zudem große Räder mit einem Außendurchmesser von bis zu 2,05 m konfiguriert werden. Die präzise Gestängetechnik ermöglicht Arbeitsbreiten von 24 m bis 48 m.
Kverneland:
Bislang gab es zwei Möglichkeiten, eine Front-Heck-Kombination zu befüllen: Entweder die Spritzflüssigkeit wird für jeden Tank einzeln abgemessen und befüllt oder es wird alles auf einmal eingefüllt – mit der Konsequenz, dass anschließend eine lange Mischzeit benötigt wird. Das neue automatische Befüllprogramm TwinFill ermöglicht es dem Anwender, ohne lange Mischprozesse Front- und Hecktank gleichzeitig einzufüllen. Die Software sorgt dafür, dass die hochkonzentrierte Spritzbrühe des Hecktanks aufgeteilt und mit dem richtigen Volumen und der gleichen Konzentration in beide Tanks gefüllt wird.
Horsch:
Dass Horsch mit einem Exaktstreuer in die Düngetechnik einsteigt, war bereits bekannt. 2024 soll der Xeric 14 (steht für 14 m3 Fassungsvolumen) nun in einigen Exemplaren verfügbar sein. Das vom Boom Control geführte Gestänge misst bis zu 48 m. Automatische
Teilbreitenschaltung, variable Mengensteuerung und Kurvenanpassung kauft man mit. Das Dosierkonzept setzt auf minimalen Verschleiß.
Autonomieverbund: Gebündelte Kräfte
AgXeed, Amazone und Claas treiben in einem offenen Herstellerverbund autonome Lösungen voran. Die drei Partner bündeln mit 3A (Advanced Automation & Autonomy) ihre individuellen Kompetenzen und wollen teil- und vollautonome Zugmaschinen-Geräte-Kombinationen durch den Aufbau weiterer Partnerschaften noch schneller und breiter in die Praxis bringen. Man kennt sich, denn Claas und Amazone sind als Minderheitsinvestoren beim niederländischen Unternehmen AgXeed beteiligt. Trotzdem steht der 3-A-Verbund anderen Landmaschinenherstellern offen und soll Auftakt sein für weitere Anwendungen inform von bunten Maschinenkombinationen in allen Prozessen der Außenwirtschaft.