DLG-Feldtage. Rückschau und der Blick nach vorn
"Wir wollen Pflanzenbau-Lösungen für mehr Nachhaltigkeit zeigen, die sofort einsetzbar sind", diesen Anspruch formulierte DLG-Präsident Hubertus Paetow bei der Eröffnung der DLG-Feldtage an die Veranstaltung. Viele der 370 Aussteller nahmen diesen "Ball" an. Von der Züchtung mit neuen resistenten und resilienten Sorten über Pflanzenschutz, Biostimulanzien und Düngung bis hin zur Bodenbearbeitung, Bodenschonung, Robotik und Künstlicher Intelligenz (KI). Der Blick ging klar nach vorn.
Hacken. Mit Präzision gegen Unkräuter
Mit dem Wegfall einiger wichtiger Bodenherbizide ab 2025 sind im Mais neue Lösungen gefragt. Die Hacke ist eine davon. Mittlerweile bietet der Markt diverse Geräte für den Front- und Heckanbau, die sich z.T. auch in kleine und große Feldroboter integrieren lassen. Es kommen diverse Hackwerkzeuge zum Einsatz sowie unterschiedlichste Präzisionslösungen zur Reihenführung. 18 Modelle gingen auf den DLG-Feldtagen an den Start und hielten die 50 cm zwischen den Maisreihen unkrautfrei z.t. auch in der Maisreihe.
Die Herausforderungen dieser Technik aber bleiben: Know how die Unkrautflora betreffend, vergleichsweise geringe Flächenleistungen, hohe Abhängigkeit von der Witterung und der Präzision bei vorheriger Saatbettbereitung und Aussaat.
Ressourcen schonen, Zukunft säen, Wachstum fördern
KWS. Durch die Auswirkungen des Klimawandels, regulatorische Einschränkungen sowie die nachlassende Wirksamkeit vieler Mittel sind Sorten gefragt, die natürliche Ressourcen schonen und die dabei helfen, den Einsatz von chemischem Pflanzenschutz, Dünger und Wasser zu reduzieren. Die DryDown+ Körnermaissorten von KWS zeichnen sich durch eine sehr frühe Blüte und eine extrem schnelle Abgabe der Kornfeuchte (Dry-Down) aus. Das reduziert den Trocknungsaufwand nach der Ernte und damit auch Treibhausgasemissionen. Hybridroggen hat einen wesentlich geringeren Wasserbedarf als andere Getreidearten, benötigt aufgrund seiner guten Pflanzengesundheit deutlich weniger Dünger und Pflanzenschutzmittel. Eine Nachhaltigkeitsstudie kommt zu dem Ergebnis, dass Hybridroggen pro t Ernteertrag rund 70 kg und damit etwa 20% weniger CO2 verursacht als beispielsweise Weizen.
Mit der INITIO-Produktreihe bietet KWS außerdem innovative und flexible Beizausstattungen für Mais, Zuckerrübe, Raps und Roggen. Unterschiedliche und individuell angepasste Mischungen aus Fungiziden, Insektiziden und Biostimulanzien sollen die jungen Pflanzen stärken und schützen.
Völlig neue Anbaupotentiale könnten sich künftig für Roggen-Zwerghybriden eröffnen. Bei diesem Sortentyp ist kein Wachstumsreglereinsatz nötig, das Ertragspotential liegt auf dem Niveau der Normalstrohhybriden, es gibt weniger Erntereste bzw. "zähes" Stroh und der Drusch ist einfacher und kostengünstiger. KWS erwartet die Zulassung der ersten Roggen-Zwerghybriden 2025 auf EU-Ebene und 2026 in Deutschland.
Und auch bei der Gerste geht Deutschlands größtes Züchterhaus neue Wege. Mit der Vorstellung der ersten Hybridgerste auf den DLG-Feldtagen unterstreicht das Unternehmen, dass auch bei den Selbstbefruchter-Getreidearten die Hybridzüchtung weiter forciert wird.
Fokus auf Stickstoffeffizienz
Saaten-Union. Mit 36 Sorten und Mischungen erwartete die Besucher am Stand der Saaten-Union ein starkes Angebot. "Hinsichtlich der Stickstoffdüngung muss an jeder Stellschraube optimiert werden. Sorten, die den Stickstoff besser verwerten, sind sowohl ökonomisch als auch ökologisch vorteilhaft und stellen vielerorts das wichtigste Instrument für umweltfreundliche N-Salden dar", sagte Vertriebsberater Franz Unterforsthuber. Dank der höheren Leistungsfähigkeit seien stickstoffeffizientere Sorten wirtschaftlich attraktive Anbaualternativen.
Auch ist die Produktion von Qualitätsweizen mit hohem Rohproteingehalt aufgrund der zunehmenden Dünge-Restriktionen heutzutage kein Selbstläufer mehr. Um die Pflanzen noch ausreichend mit Stickstoff zu versorgen und damit die Qualitätsweizenproduktion zu sichern, sind „Umwege“ erforderlich. Zwischenfrüchte, Raps oder Leguminosen nehmen hier eine Schlüsselrolle ein, unterstreicht die Saaten-Union.
Ein Ansatz, um im Maisanbau Pflanzenschutzmittel zu reduzieren, ist das sogenannte Planting Green-Verfahren. Dabei wird Mais in geknickte Roggenzwischenfrüchte gesät. Gleichzeitig bietet das Verfahren Schutz vor Erosion und Verdunstung, sorgt für eine Gründüngung aus dem Roggen und belebt den Boden.
"Biostimulanzien wirken nicht nur unter Stress"
Seed Forward. "Auf mehr als 350.000 ha wurde bisher mit unserer Technologie behandeltes Mais-, Getreide- und Leguminosensaatgut angebaut. Wir wissen, dass Biostimulanzien wirken und das nicht nur unter Stressbedingungen. Aber hier fehlt es weiterhin an Grundlagenforschung", sagen Jacob Rohn und Jan Ritter, Gründer des Osnabrücker Biotechnologie-Unternehmens Seed Forward. Sie sind auf Saatgutbehandlung und -innovationen auf biologischer Basis aber ohne lebende Organsimen spezialisiert. Aktuell forschen sie u.a. am Potenzial von Biostimulanzien, Düngemittel einzusparen. Zukünftig erwarten sie beispielsweise den Einsatz endophytischer Organismen.
Mehrfachresistenzen im Raps
Für Rapool leistet der Rapsanbau einen unverzichtbaren Beitrag für Artenvielfalt, Bodengesundheit und Humusaufbau. Das Vertriebsunternehmen fordert mehr Mut von der Bundesregierung, den Rapsanbau in Deutschland zukunftsfähig zu gestalten und zu fördern. Viele ökologische Nachhaltigkeits-Forderungen seien inzwischen erfüllt worden: weniger toxische PSM, weitere Fruchtfolgen, Zwischenfrüchte, reduzierter Düngemitteleinsatz. Laut Rapool biete Biodiesel eine "Brückentechnologie", Altfette allein reichen nicht und sollten auch nur aus kontrollierter Herkunft importiert werden.
Die Züchtungen der Rapool-Gesellschafter liefern Lösungen für aktuelle Herausforderungen wie Klimawandel, Flächenreduktion, Kostensteigerungen, Resistenzmanagement und Nährstoffeffizienz. Es gibt mehr Resistenzen bei Phoma, Cylindrosporium, Verticillium, Sklerotinia und Kohlhernie. Neue Sortenkandidaten liefern auch bei Trockenstress stabile Erträge. Und für ein nachhaltiges Schädlingsmanagement (besonders gegen den Rapserdfloh) sind neue Zuchtprogramme angelaufen.
Bodenbearbeitung. Von Fräse bis Schälpflug
Die Welt zwischen Pflug und No Till ist riesig und man muss sich nicht zwingend für oder gegen Bodenbearbeitung entscheiden. Den Boden im Blick haben und situationsabhängig mit Bedacht entscheiden, so lautet heute die Empfehlung vieler Anbieter von Bodenbearbeitungstechnik. Auf den DLG-Feldtagen gingen von der Fräse über den Flachgrubber bis hin zum Schälpflug 17 verschiedene technische Neu- und Weiterentwicklungen zur flachen Bodenbearbeitung an den Start.
Fokus auf den Boden
DSV. Das Erfolgsrezept für den Ackerbau der Zukunft besteht nach Ansicht der Deutschen Saatveredelung aus Sorte, Fruchtfolge und Bodengesundheit. Neben der Züchtung angepasster, ertragsstabiler Sorten legt das Unternehmen einen besonderen Fokus auf die Bodenfruchtbarkeit und die Verbesserung der Wasserhaltefähigkeit der Böden. So war die DSV zum Beispiel Partner in dem groß angelegten Forschungsprojekt CATCHY, das über neun Jahre die Wirkung von Zwischenfrüchten auf die Bodengesundheit untersuchte. Eine vielfältige, intelligente und möglichst dauerhafte Begrünung des Ackerbausystems bietet großes Potential für eine ökonomische und nachhaltige Landwirtschaft. Die DSV vertreibt nicht nur Zwischenfrüchte, sie züchtet auch mehr als 15 unterschiedliche Zwischenfruchtarten.
Neuer Look, breiteres Portfolio
Strube erscheint nicht nur in neuem Farb-Gewand, sondern hat sich mit der Diversifizierung des Fruchtartenportfolios auch breiter aufgestellt. Für die Zuckerrübe fokussiert sich das Unternehmen unter anderem auf Feldprüfungen in SBR und Stolbur-Regionen sowie auf die Intensivierung der "deskriptiven" Züchtung. Mittel- und langfristig nehmen Phänotypisierungstechniken und -methoden, die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) sowie molekulare Züchtungsverfahren einen höheren Stellenwert ein. Um den wachsenden Nachhaltigkeitsansprüchen gerecht zu werden, setzt Strube auch auf die Entwicklung multigener Toleranzen (z.B. bei Rizomania). Mit Hochdurchsatzverfahren will man außerdem Cercospora-gesunde Genotypen schneller herausfiltern. Darüber hinaus wurden bereits im vergangenen Jahr die ersten vergilbungsvirustoleranten Zuckerrübensorten in Deutschland und Frankreich zugelassen.
RAGT mit Mehrwertsystem
Um den Herausforderungen bei Bestandesetablierung und Bestandesführung zu begegnen bietet der Mehrkulturenzüchter RAGT Landwirten aktuell für ausgewählte Mais- und Rapssorten ein spezielles Mehrwertsystem an. Bei Raps umfasst die sogenannte "Gold Edition" eine Auflaufversicherung sowie eine Biostimulanz ohne Aufpreis. Sollte die Ansaat nicht erfolgreich sein, erhält der Landwirt 100% Saatgutersatz aus dem RAGT-Hybridsaatgutportfolio. Um die Auflaufversicherung zu aktivieren, ist eine Registrierung bis fünf Tage nach Aussaat erforderlich. Schadensmeldungen sind bis 15. Oktober möglich. Mit Ausnahme von Schäden aufgrund von Pflanzenschutzmitteln sind alle biotischen und abiotischen Schäden abgedeckt. Im Mais umfasst die "Gold Edition" eine Biostimulanz sowie das Vogelschutzrepellent Korit ohne Aufpreis.
"Pflanzenschutz light – traut Euch!"
Bei der Danko Saatzucht standen auf den DLG-Feldtagen insbesondere Robustheit und Gesundheit im Fokus. Die Botschaft an die Landwirte lautete: "Pflanzenschutz light – traut Euch!" Die neuesten Wintertriticale-Sorten ermöglichen auch unter den sich ändernden Produktionsbedingungen Geld zu sparen und dennoch die Erträge zu sichern.
Pflanzenschutz. Band-, Patch- und Spotspraying
Wenn es um Präzision und Mitteleinsparung im Pflanzenschutz geht, wird fast immer über Bandspritzung, Patch- oder Spotspraying gesprochen. Ein unruhiges Spitzgestänge allerdings kann auch bei diesen innovativen Techniken die Verteilgenauigkeit enorm beeinträchtigen. Deshalb mussten auf den DLG-Feldtagen im Parcours der neuen Live-Arena 9 Pflanzenschutzspritzen demonstrieren, wie ruhig ihre Spritzgestänge entsprechende „Hindernisse“ bewältigen. Auf dem bumpy track und dem field track galt es, unkontrollierte Bewegungen in horizontaler Richtung zu vermeiden. Anschließend zeigten die Feldspritzen die Bandapplikation in Reihenkulturen sowie das Spotspraying.
Mehr Nachhaltigkeit in der Düngerherstellung
Für die SKW Stickstoffwerke Piesteritz als inländischer Ammoniak- und Harnstoffhersteller sind die Herausforderungen vergleichbar mit denen der Landwirtschaft: hohe Energie- und Rohstoffpreise im internationalen Vergleich, zunehmende gesetzliche Restriktionen (Gasumlagen, Steuern, CO2-Bepreisung), aggressives Auftreten einiger ausländischer Marktteilnehmer seit Beginn des Ukrainekrieges sowie die Forderung einer nachhaltigen Transformation der Industrie auf dem Weg zu mehr Klimaneutralität. Lösungsansätze sieht SKW in innovativen, hochwertigen Produkten. Grüne Premiumdünger wie ALZON alpha neo-N sollen klimaschädliche Emissionen verringern. Zudem forciert das Unternehmen den Einsatz von Biomethan und anderen nachhaltigen Ressourcenquellen bei der Düngerherstellung.
Um die Nährstoffeffizienz zu verbessern, wird aktuell an vielen Fronten angesetzt. Auch die Technik spielt dabei eine entscheidende Rolle. Bei der Cultan-Düngung wird die gesamte Stickstoffmenge punkt- oder linienförmigen als Depot in den Boden eingebracht. Die hohe Ammoniumkonzentration des Düngers hemmt die Nitrifikation im Depot. Vor allem bei reduzierter Bodenbearbeitung und Direktsaat ist das Verfahren vorteilhaft. Nachteilig sind tendenziell geringere Proteingehalte, keine Möglichkeit der späteren N-Korrektur sowie die teure Injektionstechnik.
In Kooperation zu mehr CO2-Effizienz
Auch Yara engagiert sich für die Dekarbonisierung der Düngung und nutze die DLG-Feldtage für den Start eines neuen Kooperationsprojektes zusammen mit Nordzucker zur Reduktion der CO2-Emissionen im Zuckerrübenanbau. Eingesetzt wird dafür ein mineralischer Stickstoffdünger mit niedrigem CO2-Fußabdruck (bis -90 %). Bei dessen Herstellung wird der für die Ammoniaksynthese benötigte Wasserstoff mit erneuerbaren Energien hergestellt. Dieser Mineraldünger wurde bereits auf einer Anbaufläche von rund 600 Hektar bei 25 Landwirten, die für Nordzucker Rüben anbauen, ausgebracht. Der Einsatz des CO2-reduzierten Düngers soll den CO2- Fußabdruck der Zuckerrübe um bis zu 25 Prozent senken. Den Mehrpreis übernimmt derzeit Nordzucker für die teilnehmenden Landwirte. Durch ein optimiertes Düngemanagement können die Emissionen auf dem Feld weiter gesenkt werden. Auch dieser Aspekt sollen in den nächsten drei Projektjahren berücksichtigt werden.
Letztlich aber muss sich die CO2-reduzierte Düngung über die Akteure entlang der Lebensmittel-Wertschöpfungskette und die Zahlungsbereitschaft der Konsumenten für Lebensmittel, die ohne Einsatz fossiler Energien erzeugt wurden, für den Landwirt bezahlt machen.