Was bringen Beisaaten?
Rübsen oder Klee liefern positive Effekte – für Nährstoffversorgung, Bodengefüge oder Unkrautunterdrückung. Und sie können dem Raps Schädlinge »abnehmen«. Lukas Thiel stellt das Konzept vor.
Der Rapsanbau befindet sich nach einem Tief 2019 wieder im Aufwind. Damit wachsen allerdings auch wieder die Herausforderungen, namentlich Schädlings(Insekten)-Kontrolle, Nährstofffixierung und -mobilisierung sowie Unkrautunterdrückung. Neben mechanischer Unkrautbekämpfung und dem Stärken der Rapspflanze (Biostimulanzien) werden in Wissenschaft und Praxis zunehmend anbautechnische Lösungen diskutiert: Beisaaten oder Begleitpflanzen. Sie können für die genannten Probleme praxistaugliche Lösungen bieten. Wunder und Universallösungen sind allerdings auch sie nicht, aber ein nützlicher Baustein.
Bodenleben fördern, Nährstoffe bereitstellen.
Eine vielfältige Durchwurzelung wirkt auf unterschiedlichen Ebenen (Tiefund Flachwurzler, Pfahl- und Herzwurzel) positiv auf die Stabilität des Bodengefüges. Sowohl die Wurzelmasse als auch die verstärkte Begrünung der Oberfläche wirken Erosion entgegen. Die entstandene Biomasse trägt zusätzlich aktiv zum Humusaufbau bei. Aus diesen Effekten ergeben sich eine verbesserte Lebendverbauung, höhere Aktivität des Bodenlebens und schließlich eine höhere Resilienz gegenüber Trockenheit und anderen Witterungseinflüssen.
Je nach Zusammensetzung der Beisaaten können verschiedene Effekte auf einzelne Nährstoffe entstehen. Leguminosen fixieren bekanntermaßen Luftstickstoff, den sie dem Raps zur Verfügung stellen können. Dazu ist jedoch ihr frühzeitiger Anbau im Spätsommer nötig. Nur dann kann vor dem Abfrieren noch eine nennenswerte Fixierungsleistung erbracht werden. Der Mulch, den die abfrierenden Beisaaten nach dem Winter hinterlassen, liefert im Frühjahr zusätzliche Nährstoffe durch Mineralisierung und beugt gleichzeitig Erosion, Verschlämmung und Verkrustung vor.
Nichtlegume Beisaaten können Stickstoff halten, der durch späte Mineralisation frei wird. Auch dieser wird im Frühjahr dem Raps wieder zur Verfügung gestellt. Die Wurzelexsudate verschiedener Beisaaten tragen darüber hinaus zur Mobilisierung von Phosphor im Boden bei.
Schädlinge herausfordern.
Beisaaten, korrekt ausgewählt, können die Insekten »fordern«, mit Blick auf Schädlinge ist dies ein erwünschter Effekt. Die Schädlinge sind »herausgefordert«, den Raps überhaupt als solchen zu erkennen. Beisaaten können den Raps folglich unattraktiv wirken lassen, oder aber selbst attraktiver sein als der Raps. So werden Schädlinge entweder ferngehalten oder befallen gezielt die alternativen Pflanzen.
Welche Pflanzen eignen sich? In Frankreich, England und der Schweiz werden seit einigen Jahren durch zunehmende Resistenzprobleme bei allen gängigen Rapsschädlingen Alternativen zur chemischen Bekämpfung gesucht. Dabei wurde auf eine Vielzahl an Kulturpflanzen zurückgegriffen, die als geeignet erschienen, Schädlinge im für den Raps positiven Sinne zu beeinflussen.
Ackerbohnen, sofern sie im Winter nicht durch Schneelasten niedergedrückt werden, können den Befall mit Frühjahrsschädlingen reduzieren. Besonders gefleckter Kohltriebrüssler und Rapsstängelrüssler werden durch sie vom Raps ferngehalten. In Frankreich wurden darüber hinaus reduzierende Effekte auf den Schwarzen Kohltriebrüssler festgestellt. Dies macht Hoffnung für die Ausbreitungsgebiete dieses Schädlings in Deutschland. Im Rahmen einer Studie konnte ebenfalls festgestellt werden, dass Linsen als Beisaatpartner auch eine negative Auswirkung auf den Schwarzen Kohltriebrüssler haben.
Auch Kleearten wurden vielfältig getestet. Alexandrinerklee beugt Lochfraß durch Rapserdflöhe vor, wie es auch Weißklee kann. Dieser muss jedoch vor dem Raps als Lebendmulch installiert werden – die Rapssaat erfolgt dann z. B. über Striptill in diese Bestände. Auch Bockshornklee wird genutzt, dessen aromatische Düfte können den Erdfloh offenbar ebenfalls dazu bringen, die Flächen zu meiden.
Rübsen wurden im deutschsprachigen Raum in der Vergangenheit immer wieder getestet. Die Effekte sind hier überwiegend bei Erdflöhen und Rapsglanzkäfern zu beobachten, z. B. die Verminderung des Lochfraßes. Der Anbau des Kreuzblütlers birgt allerdings neben der Verunkrautung weitere phytosanitäre Gefahren, wie z. B. Kohlhernie oder Sklerotinia.
Aktuell laufen in Deutschland Forschungsprojekte, sowohl in der Privatwirtschaft als auch bei den Länderdiensten (z. B. LWK Niedersachsen) und Forschungseinrichtungen (z. B. FH Südwestfalen, Projekt »Raps-OP«), die die Effekte für hiesige Rahmenbedingungen austesten und neue Komponenten einbringen.
Zusätzliche Konkurrenz für Unkräuter.
Die hohe Konkurrenzkraft von Raps ist bekannt – nicht umsonst ist er selbst auch ein gefürchtetes Unkraut. Werden weitere Pflanzen eingebracht, die früh die Lücken schließen, können Unkräuter und Ungräser effektiv unterdrückt werden. Eine Gefahr, dass der Raps überwachsen wird, ist gering. Man denke an schlechte Zwischenfruchtbestände: Dort steht häufig Raps, nachdem diese abgefroren sind. Leguminosen scheinen auch hier, zeigt der Blick nach Frankreich, das Mittel der Wahl. Sie helfen besonders bei der Ungraskontrolle, vitalisieren die Rapsbestände und können, wie Alexandrinerklee, enorme Wirkungsgrade erzielen: Zwischen 20 und 75 % Minderung an Verunkrautung ist möglich.
Politische Rahmenbedingungen.
Fasst man die möglichen Effekte von Beisaaten im Raps auf den Boden(haushalt), Unkraut und Schädlinge zusammen, zeigt sich ihr Potential zu Lösung politischer Herausforderungen:
- Reduktion des Pflanzenschutzmitteleinsatzes. Ob eine ausreichende Unterdrückung von Unkraut oder Schädlingsablenkung gelingt, ist standort- und jahresabhängig. Einen Totalverzicht auf die chemischen Alternativen sichern Beisaaten nicht ab. Aber: Sie haben das Potential, an Standorten mit geringem Druck chemische Maßnahmen zu reduzieren.
- Düngungseffektivität. Durch Leguminosen sind, bei ausreichend früher Saat, Stickstoffleistungen möglich, die bei milden Herbsten noch akzeptable N-Aufnahmen zulassen. Gleichzeitig können Beisaaten Auswaschungen verhindern, Humus aufbauen und so die betriebsinterne Verwertung von Stickstoff optimieren.
- Integrierter Pflanzenschutz. Durch die Beisaaten werden die ganzheitlichen und vorbeugenden Ansätze des IPS gestärkt.
Allerdings ist das Management für das Gelingen entscheidend.
Einerseits soll sich ein wirksamer Bestand bilden, andererseits soll dieser sich neben seiner Rapspflege (im Englischen heißen Beisaaten auch »Nurse crops« oder »Service plants«) nicht zum unerwünschten Ärgernis auswachsen. Beisaaten dürfen nicht zur Konkurrenz werden, sie dürfen nicht frostfest sein (außer kleinbleibende Arten) und sie dürfen keine technischen Herausforderungen für den Betrieb bringen.
Wie bei jeder Kultur ist bei ihnen der gute Start entscheidend. Je nach gewählten Komponenten und nach gewünschtem Leistungsfokus der Beisaat sind verschiedene Saatverfahren möglich bzw. erforderlich. Die Korngrößen verschiedener Partner machen zum Beispiel eine gemeinsame Saat aus einem Tank ohne Entmischung unmöglich. Prinzipiell kann man mehrere Verfahren unterscheiden:
- Vorsaat (Aussaat der Begleitpflanzen vor der Rapsaussaat),
- parallele Aussaat von Raps und Gemenge,
- Saat aus einem Tank,
- Saat aus mehreren Tanks in abwechselnden Reihen,
- Nachsaat (Ausstreuen nach Rapssaat z. B. mit Schneckenkorn- oder Düngerstreuer und anschließendem Anwalzen).
Das Verfahren richtet sich nach dem Ziel, das mit der Beisaat erreicht werden soll, z. B. frühe Schädlingsablenkung oder Bodenbedeckung. Die Verfügbarkeit von Technik im Betrieb ist ebenfalls wichtig. Wenn kein Mehrtanksystem zur Verfügung steht, sollten kleinkörnige Beisaaten wie Klee genutzt werden, die sich mit Raps gut mischen lassen. Mittelwege sind theoretisch für jeden Betrieb denkbar.
Der Pflanzenschutz bleibt ein kniffliges Thema.
Denn was für den Raps gut ist, kann für die Beisaat das Ende bedeuten. Wachstumsregler könnten einen Einfluss haben. Das wird gerade an der FH in Soest untersucht. Definitiv besteht die Möglichkeit, dass der Raps durch den dichteren Bestand im Herbst vermehrt zum frühzeitigen Anheben des Vegetationskegels neigt.
Dem Einsatz von Herbiziden sind durch die Beisaaten Grenzen gesetzt. Auch dazu wird in Soest geforscht. Klassische Vorauflaufherbizide wie Fuego und Butisan (Metazachlor) aber auch Angelus (Chlomazone) sind für die meisten Beisaaten bei geringer Schädigung verträglich. Nachlagen oder Zumischen von Runway (Picloram + Clopyralid + Aminopyralid) war jedoch für fast alle getesteten Varianten unverträglich.
Bei drohendem Überwachsen des Rapses lassen sich alle gängigen dikotylen Arten mit Belkar (Picloram + Halauxifen-methyl) sicher kontrollieren. Reine Graminizide wurden durchweg gut vertragen. Dennoch: Auf Standorten, auf denen man eine starke und/oder problematische Verunkrautung erwartet, sollte man von Beisaaten absehen. Hier kann man keinen ausreichenden Effekt erwarten. Die Übersicht zeigt die Einsatzmöglichkeiten.
Fazit.
Rapsbeisaaten können viele positive Effekte bringen. Allerdings – Wunder darf man nicht erwarten: Die Wirkungen auf Boden/Nährstoffe, Unkräuter und Insekten hängen stark von ihrem Druck und dem Jahr ab. Die Wahl der Komponenten, Aussaatzeitpunkt und Technik sind dabei entscheidend für den Erfolg. Bei einer gut gewählten Herbizidstrategie können Beisaaten geschont und Unkräuter bekämpft werden. Aktuell laufen zu allen Einsatzbereichen deutschlandweit Forschungsprojekte. Bereits jetzt zeigen Rapsbeisaaten das Potential, auch zur Lösung politischer Vorgaben beizutragen.