
Beratung. Es wird individueller
Nachbarländer beneiden uns wegen unserer vielfältigen Forschungs- und Beratungslandschaft. Aber passt ihre »Richtung« noch zu den Fragen der Praxis, die zudem immer differenzierter werden? Zeit für neue Konzepte, findet Detlev Dölger.
Es ist nicht alles schlecht in Deutschland! Schauen wir auf Wissensgewinnung und -verbreitung in der Landwirtschaft, haben wir gegenüber vielen Nachbarländern einen Vorteil: Die Struktur von Offizialberatung, Industrie, Landhandel, Versuchsringen bis hin zur Privatberatung erzeugt einen Wettbewerb, der deutlich Früchte trägt. Erfolgreiche Landwirte versuchen, ihre Entscheidungen wissensbasiert zu treffen. Fast nirgends sonst ist ein solch breites Umfeld anzutreffen. Wie anders ist es häufig in Osteuropa! Dort werden Produkte anhand bunter Werbematerialien verkauft, deren Aussagen bestenfalls mit eigenen Versuchsergebnissen belegt sind. Oder es dominiert eine einzige Institution wie (früher noch stärker) der Landhandel in Frankreich.
In Deutschland droht es aber schlechter zu werden!
Bisher war es so: Für die Grundlagenforschung sind Universitäten und reine Forschungsinstitutionen zuständig. Die Offizialberatung ist dafür verantwortlich, dass deren Erkenntnisse, das eigene Versuchswesen und die Beobachtung der Praxis als breit gültige Empfehlung in diese übertragen wird. Andere Einrichtungen arbeiten teilweise für einen ausgewählten Kreis (wie zumeist in der Privatberatung) oder für Kunden (wie in Industrie und Handel). Diese über Jahrzehnte »gelernte« und durchaus erfolgreiche Struktur löst sich jedoch gerade mehr oder weniger schleichend auf.