Tränkewasser. Ein unterschätztes Futtermittel
Gutes Wasser ist für Wohlergehen und Leistung der Kühe unerlässlich. Allerdings kommt es neben der reinen Tränkemenge auch darauf an, dass das Wasser eine geeignete Qualität hat und nicht mit krank machenden Keimen belastet ist. Jason Hayer beschreibt, worauf Sie bei Ihren Tränken achten sollten.
Wasser ist das wichtigste Futtermittel für Rinder und ist für deren Stoffwechsel, Wohlbefinden und Leistung entscheidend. Seine Bedeutung wird aber leider oft unterschätzt. Darüber hinaus kann Tränkewasser aber auch als Quelle von Krankheitserregern dienen oder wird aufgrund von Verschmutzungen von den Rindern gemieden.
Wasser als Grundlage von Wohlergehen und Lebenserhaltung
Wasser ist essentiiell für die Aufrechterhaltung des Stoffwechsels der Tiere und nimmt aufgrund des Bedarfes für die Milchproduktion bei Milchkühen eine besondere Stellung ein. Es ist einer der Grundlagen für die Synthese von Milch, die zu etwa 87 % aus Wasser besteht, und spielt eine wichtige Rolle in der Thermoregulation. Betrachtet man die Bedarfsempfehlung der DLG zur Wasserversorgung von Rindern, wird ersichtlich, dass hochleistende Milchkühe (45 kg Milch/d), mit über
120 l/Tag einen enorm hohen Wasserbedarf aufweisen (Übersicht 1). Der allgemeine Bedarf wächst zudem mit zunehmenden Temperaturen, da die Wasserverluste über Verdunstung steigen und gedeckt werden müssen. So kann die benötigte Menge auf bis zu über 170 l/Tag steigen. Studien konnten die hohe Bedeutung einer ausreichenden Wasserversorgung belegen und zeigten sogar, dass Milchkühe bei freiem Zugang zu Wasser mehr aufnehmen, als sie rechnerisch entsprechend ihrer Leistung aufnehmen müssten.
Wasserversorgung
Steht den Kühen kurzfristig nicht ausreichend Wasser zur Verfügung, spiegelt sich dies nicht zwingend in der Milchleistung wider, aber im Verhalten der Tiere. Kühe, denen der freie Zugang zu Wasser verwehrt wird, zeigen schon nach zwei bis drei Stunden Anzeichen von Stress, wie beispielsweise das wiederholte Aufsuchen der leeren Tränken, das Lecken daran oder auch mehr Zeit, die sie mit gehen zu und von den Tränken verbringen. Sobald den Tieren wieder Wasser angeboten wird, nehmen sie mehr Wasser auf als sonst und versuchen so, den Durst zu kompensieren. Um Milchkühe optimal mit Wasser zu versorgen, muss dieses ihnen durchgehend in einer an ihr Verhalten angepassten Tränke, in einer ausreichenden Menge und in einer hohen Qualität angeboten werden.
Wasser als Quelle von Krankheitserregern
Inwieweit Wasser auch eine Infektionsquelle darstellen kann, hat eine Studie aus den USA schon 2001 verdeutlicht. In dieser wurden mehrere Tränken mit dem Bakterium Escherichia coli O157 – auch als EHEC bekannt – angereichert. Die Tränken wurden anschließend in Ruhe gelassen, wobei sie vor Einträgen von außen geschützt waren. Durch ein Zu- und Abfluss-System wurde ein täglicher Wasserdurchsatz von 160 l eingestellt. Die Tränken wurden regelmäßig untersucht, und es zeigte sich, dass die Bakterienkonzentration zwar abnahm, aber selbst nach sechs Monaten noch
E. coli O157 nachweisbar waren.
Anschließend wurde vier zehn Wochen alten Kälbern der Zugang zu den Tränken gewährt, was dazu führte, dass die Kälber durch den Kontakt mit dem Wasser kolonialisiert wurden und das Bakterium noch bis zu 87 Tage später im Kot der Tiere nachweisbar war.
Neben E. coli O157 wurden auch eine Vielzahl anderer krankheitsverursachender Bakterien wie Salmonellen, Campylobacter, Streptokokken oder auch antibiotikaresistente Enterokokken und Staphylococcus aureus bei der Untersuchung von Milchviehtränken gefunden.
Besonders hervorzuheben ist das potentielle Risiko der Entwicklung von Cyanobakterien (»Blaualgen«) bei Tränken oder Wasserstellen, die sich außerhalb des Stalles befinden oder die direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind. Bei einem Überangebot an Stickstoff und Phosphor im Wasser kann es bei warmen Bedingungen zu einer extremen Vermehrung von Cyanobakterien kommen, was gemein auch als »Blaualgenblüte« bezeichnet wird. Nicht alle der sich vermehrenden Cyanobakterien sind per se gefährlich, allerdings gibt es einige Unterarten, die hochgiftige Toxine bilden, die Tier und Mensch gefährden können. Entsprechend sollte gerade bei exponierten Tränken im Sommer auf für Cyanobakterien typische Trübungen (grün, schwarz, braun) geachtet und Reinigungsintervalle entsprechend verkürzt werden.
Wasser und die Gefahr von Kontaminationen
Neben Krankheitserregern können sich allerdings auch andere Kontaminationen oder Veränderungen des Wassers negativ auswirken. Tränkewasser ist im Vergleich zum Futter unserer Tiere viel stärker Kontaminationen mit Futterresten oder Ausscheidungen ausgesetzt. Wie sich beispielsweise die Verschmutzung mit Kot auf das Trinkverhalten auswirkt, haben sich Forscher aus Neuseeland angeschaut. In deren Versuch wurde Rindern abwechselnd und später gleichzeitig Tränkewasser angeboten, das unterschiedlich stark mit Kot kontaminiert wurde (reines Leitungswasser, Wasser mit 0,05 mg Kot/g Wasser oder 1 mg Kot/g Wasser). Die Rinder der Studie nahmen, wenn ihnen leicht bzw. stark mit Kot kontaminiertes Wasser angeboten wurde, im Vergleich zum Angebot von sauberem Wasser, 10 bzw. 28 % weniger Wasser auf. Sobald die Rinder die Wahl zwischen den unterschiedlich kontaminierten Wassern hatten, zeigten sie eine klare Präferenz für das saubere und mieden das stark verschmutze Wasser (1 mg Kot/g Wasser) nahezu vollständig.
Neben der Verschmutzung mit den Ausscheidungen der Tiere sollte auch der Eintrag von Futter vermieden bzw. die Tränke daraufhin kontrolliert und regelmäßig gereinigt werden. Zwar ist anzunehmen, dass sich das Futter nicht direkt negativ auf die Wasseraufnahme oder die Gesundheit der Tiere auswirkt, allerdings bietet es Schutz und Nährstoffe für unerwünschte Mikroorganismen.
Empfehlungen für eine hohe Wasserqualität
Der erste Schritt besteht darin, sicherzustellen, dass das für die Tränken genutzte Wasser bei der Einspeisung in das Leitungssystem schon eine ausreichende Qualität hat. In einem dafür entwickelten Orientierungsrahmen wird hervorgehoben, dass die Qualitätsansprüche für Tränkewasser nicht so hoch sind wie die für Trinkwasser zum menschlichen Verzehr. Aber trotzdem sollten gewisse Mindeststandards eingehalten werden. Die Empfehlung des Orientierungsrahmens hinsichtlich der mikrobiologischen Parameter sind in Übersicht 2 aufgelistet. Diese Empfehlungen geben einen ersten Anhaltspunkt. Jedoch wird die Qualität des sich in der Tränke befindenden und vom Tier aufgenommenen Wasser insbesondere von der Umwelt um die Tränken und der sich dort befindenden Tiere beeinflusst.
Zudem schwankt die Qualität des Wassers in den Tränken durch kurzfristige Kontaminationen oder Trinkvorgänge und Wechselraten sehr stark. Entsprechend sind fixe Grenzwerte weniger sinnvoll bzw. kaum sinnvoll mit Stichproben zu kontrollieren. Von einigen Forschenden wird daher die Strategie verfolgt, sich eher auf die Identifikation und die Kontrolle von Risikofaktoren für eine schlechte Tränkewasserqualität zu fokussieren, um so eine hohe Qualität zu erreichen. Zu diesem Zwecke wurde von der Universität Bonn eine Erhebung der Tränkewasserqualität auf 24 Milchviehbetrieben mit 105 Tränken durchgeführt. In dieser Studie wurden die unterschiedlichen Tränken der Betriebe beprobt sowie die Tränkeeigenschaften erfasst, um aus den Ergebnissen Risiken für eine minderwertige Wasserqualität abzuleiten. Es zeigte sich, dass in 94,3 % aller untersuchten Tränken coliforme Keime und in 48,6 % E. coli nachgewiesen werden konnten. Zudem konnten einige Faktoren identifiziert werden, die zu einer verschlechterten Tränkewasserqualität führen könnten. Diese sind zusammen mit den identifizierten Risikofaktoren aus einer ähnlichen US-amerikanischen Studie in Übersicht 3 aufgelistet.
Aus den beiden Studien wird ersichtlich, dass vor allem das Material der Tränke einen deutlichen Einfluss auf das Bakterienwachstum hat. Raue oder sich leicht verändernde Materialien wie Beton, Plastik oder Gusseisen bieten eine große Oberfläche, an der sich Bakterien ansiedeln können, während Edelstahl aufgrund seiner Beschaffenheit abweisend wirkt. Dass sich die Ansiedlung von Bakterien an der Tränkeoberfläche auch auf die Wasserqualität auswirkt, zeigt sich in dem erhöhten Risiko für einen sichtbaren Biofilm. Biofilme sind Ansammlungen von Bakterien an Oberflächen in nassen Umgebungen, in denen sie geschützt sind, sich vermehren und von dort aus wieder in das Wasser übergehen und aufgenommen werden können. Die Lage der Tränke hat ebenso einen Einfluss, da Tränken häufiger besucht werden, wenn sie sich in der Nähe vom Melkstand oder dem Futtertisch befinden und somit einem höheren Risiko von Kontaminationen ausgesetzt sind.
Abschätzung des Risikos für eine schlechtere Wasserqualität
Basierend auf den dargestellten Faktoren ist es möglich, für seinen eigenen Betrieb das Risiko einer verschlechterten Tränkewasserqualität für jede Tränke abzuschätzen. Es empfiehlt sich, die Tränken mit höheren Risiken öfter auf Kontaminationen zu kontrollieren und zu reinigen. Welche Reinigungsfrequenz schlussendlich eine ausreichende Qualität sicherstellt, ist nur bedingt abschätzbar. Die DLG empfiehlt in ihrem Merkblatt 399, die Tränken im Sommer mindestens zweimal täglich und im Winter mindestens wöchentlich zu reinigen.
Aus eigenen Versuchen konnte jedoch gezeigt werden, dass sich Biofilme auch bei niedrigen Wassertemperaturen (5 °C) innerhalb weniger Tage bilden können, sodass eine Verlängerung des Reinigungsintervalls im Winter nur bedingt empfehlenswert scheint. Hinsichtlich der Reinigungsmethode sollte darauf geachtet werden, dass zusätzlich zum Ablassen des Wassers auch die Oberflächen gründlich mit einer Bürste gereinigt werden, um der Biofilmbildung entgegenzuwirken. Zudem sollten auch die nicht einsehbaren Teile, insbesondere das Schwimmerbecken, regelmäßig mit gereinigt werden.