Seit mittlerweile 20 Jahren gibt es die DLG-Spitzenbetriebe. In dieser Zeit hat sich die Milcherzeugung stark entwickelt: Die Milchleistungen sind um fast 1 500 kg gestiegen, die Anzahl der ausgewerteten Betriebe hat sich fast verdoppelt, und auch die Herdengröße ist um 38 % auf durchschnittlich 227 Kühe je Betrieb angestiegen. Die enormen Kostensteigerungen konnten jedoch nur teilweise durch die höheren Milchleistungen kompensiert werden.
In die Auswertung des Wirtschaftsjahres 2021/22 flossen 241 Betriebe ein.
Die meisten wurden nach dem Wirtschaftsjahr (WJ, Beginn 01.07.) gebucht, nur 72 Betriebe wenden das Futterwirtschaftsjahr (Beginn 01.05.) an. Von besonderer Bedeutung war diesmal die Umstellung vieler Betriebe von der Pauschalierung auf die Optierung: Erstmalig wurden die BZAErgebnisse netto ausgewiesen, da die meisten Betriebe nun die steuerliche Optierung nutzen. Um besser vergleichen zu können, wurden die Vorjahresergebnisse gleichermaßen netto ausgewertet. Der finanzielle Unterschied im kalkulatorischen Betriebszweigergebnis (kalk. BZE) liegt zwischen beiden Steuersystemen bei etwa 1,2 Ct/kg ECM zugunsten der Optierer.
Ein Jahr der Superlative.
Während noch im zweiten Halbjahr 2021 die Milchpreise laut AMI Deutschland bei 38,3 Ct/kg ECM lagen und zum Jahreswechsel erste Molkereien über 40 Ct auszahlten, beliefen sich die Milchpreise im ersten Halbjahr 2022 bereits auf 46,82 Ct/kg Milch. Von dieser starken Preisentwicklung konnte die Milchproduktion profitieren. Viele Betriebe konnten noch auf bestehende Kontrakte und vorhandene Futtervorräte zurückgreifen, sodass die extrem gestiegenen Betriebsmittelpreise in diesem WJ nicht voll zum Tragen kamen. Festzuhalten bleibt trotzdem (Übersicht 1):
- Es gab Preissprünge im historischen Ausmaß.
- Die Betriebe erzielten die bislang höchsten Leistungen von 47,21 Ct/kg ECM (+ 8,15 Ct/kg) und Marktleistungen von 41,51 Ct/kg ECM (+ 9,49 Ct/kg).
- Die Betriebe hatten die bislang höchsten Produktionskosten von 43,34 Ct/kg ECM.
- Zum vierten Mal in Folge wurden durchschnittliche Milchleistungen von über 10 t ECM/Kuh erreicht.
- Die Betriebe hielten mit 227 Kühen/Betrieb die bislang größten Herden. Die Herdengrößen reichten von unter 100 bis über 1 000 Milchkühe, wobei der größte Betrieb in Bayern liegt.
- 16 Betriebe erreichten Marktleistungen von über 12 000 kg/Kuh.
Das Leistungsniveau der Betriebe ist trotz der sehr unterschiedlichen Rahmenund Produktionsbedingungen auf einem wirklich hohen Niveau. Dabei ist es immer wieder bemerkenswert, wie sich Betriebe in ihrem Management unterscheiden und demzufolge auch große Unterschiede im wirtschaftlichen Erfolg erzielen.
Die Steigerung der Futterkosten von 2,75 Ct/kg ECM wurde zu 70 % durch Kraft- und Saftfutter, lediglich zu 30 % durch höhere Grobfutterkosten verursacht. Die Arbeitserledigungskosten sind um 1,44 Ct/kg ECM gestiegen, wobei die Personalkosten mehr als 75 % der Steigerung ausmachten. Insgesamt erhöhten sich die Produktionskosten um 4,53 Ct/kg ECM. Durch die überproportional gestiegenen Leistungen konnten die höheren Produktionskosten mehr als kompensiert werden: Mit 3,87 Ct/kg ECM fiel das kalk. BZE sehr hoch aus.
In Übersicht 2 werden ausgewählte Ergebnisse, sortiert nach Produktionskosten, über alle Betriebe ausgewiesen. Von den ausgewerteten Betrieben halten 182 Schwarzbunte, weitere 34 Fleckvieh-Kühe. Auch wenn die unterschiedlich hohen Erlöse aus den Koppelprodukten bei der Filterung nach Produktionskosten nicht berücksichtigt werden, zeigt doch diese Übersicht einmal mehr, wie stark die Produktionskosten zwischen den Betrieben streuen.
Unterschiede des wirtschaftlichen Erfolgs liegen in der Verwertung.
Bei den Produktionskennwerten wie Tierverluste, EKA und Reproduktionsrate sind nur marginale Differenzen zwischen den unterschiedlich erfolgreichen Betrieben festzustellen. Alle Gruppen erzielen zudem gleichermaßen hohe Milchleistungen von über 10 000 kg, die erzielte Marktleistung unterscheidet sich nur um 625 kg Milch. Mit zunehmendem wirtschaftlichen Erfolg steigt allerdings die Herdengröße deutlich an, sodass ein Teil des Erfolgs sicher dadurch erklärbar ist.
Deutlichere Unterschiede gibt es in der Futterverwertung und der Arbeitsproduktivität. Hierbei fallen besonders der Kraftfuttereinsatz bzw. die Grundfutterleistung sowie die Flächeneffizienz und der notwendige Arbeitseinsatz auf. Betriebe, die 829 kg höhere Grundfutterleistungen und etwa sieben Arbeitskraftstunden (Akh) je Kuh weniger benötigen, zeigen, dass der Schlüssel zum Erfolg in der bestmöglichen Faktorverwertung liegt. Eine intensivere Flächennutzung führt zu einer deutlich höheren Flächeneffizienz und höhere Grobfutterqualitäten zu einer deutlich besseren Grundfutterleistung. Richtet man den Fokus auf einzelne Produktionskosten, fällt zunächst die Differenz von 5,11 Ct/kg ECM in den Futterkosten auf. Das ist gewaltig! Der Unterschied bei den Grobfutterkosten ist etwas größer als beim Kraftfutter und grundsätzlich nehmen die Anteile der Saftfuttermittel mit zunehmendem Erfolg ab. Groß sind auch die Differenzen in den Direktkosten, besonders für Tierarzt, Medikamente und Klauenpflege, aber auch bei Wasser- und Stromverbrauch bzw. den sonstigen Direktkosten. Zwar sind die absoluten Werte hier recht klein, die prozentualen Unterschiede zeigen aber Reserven auf. Die Kostenunterschiede von 0,6 Ct/kg ECM alleine für Strom und Wasser zeigen deutlich, dass der Stromverbrauch nicht immer optimiert ist. Er liegt durchschnittlich bei etwa 400 kWh/Kuh und Jahr, die Schwankungen reichen aber von 250 bis über 550 kWh/Kuh.
Obwohl die Arbeitserledigungskosten (AEK) mit 12,01 Ct/kg ECM im Vergleich zu den Futterkosten mit über 51 % den geringeren Anteil an den Produktionskosten ausmachen, sind die Unterschiede von 5,36 Ct/kg ECM in den AEK zwischen den unterschiedlich erfolgreichen Gruppen noch stärker. In diesem Bereich liegen tendenziell die größeren Reserven. Die AEK setzen sich aus Personal- (70 %) und Mechanisierungskosten (30 %) zusammen. Interessant ist, dass sich mit zunehmendem Erfolg und steigender Herdengröße die Mechanisierungskosten überproportional reduzieren lassen.
Schlussendlich liegen die Produktionskosten mit 43,34 Ct/kg ECM deutlich über dem Vorjahresniveau, wobei die Differenz zwischen den Gruppen bei 12,85 Ct/kg ECM liegt. Alle Betriebe erzielten einen positiven Gewinnbeitrag, allerdings erreichten trotz dieses guten Jahres nicht alle ein positives BZE. Immerhin 18 % der Betriebe konnten nicht alle Faktorkosten vollständig entlohnen. Die Differenz zwischen den Gruppen liegt bei 9,25 Ct/kg ECM. Bei Berücksichtigung von Herdengröße und Milchleistung liegt das kalk. BZE auf Betriebsebene um mehr als 300 000 € auseinander. Davon lassen sich 44 % alleine durch das Management und somit das Produktionsniveau erklären.
Das Potential hoher Grundfutterleistung nutzen!
In Übersicht 3 wurden die BZA-Ergebnisse nach der Grobfutterleistung ausgewertet. Dies ist zwar nur eine berechnete Größenordnung, bei der von der ECM-Milch alle energiekorrigierten Kraft- und Saftfuttermittel abgezogen werden. Die Restmenge entspricht dann der Grob- bzw. Grundfutterleistung. Trotz dieser vielleicht etwas unsicheren Berechnung sind die Werte gut vergleichbar und zeigen sehr deutliche Tendenzen auf. Bei durchschnittlichen Grundfutterleistungen von 4 433 kg/Kuh reichen die Gruppen von unter 2 000 bis weit über 5 000 kg/Kuh. Damit werden Produktionskostenunterschiede von über 5 Ct/kg Milch erzielt. Die Kosten für Grobfutter nehmen zwar kontinuierlich zu, die Aufwendungen für Kraft- und Saftfutter können aber überproportional eingespart werden. Die Futterkosten können durch eine bessere Verwertung um insgesamt 4,07 Ct/kg ECM reduziert werden, was mehr als 400 €/Kuh entspricht. Gerade in Zeiten hoher Kosten für Konzentrate und Futtermittel sowie fallender Milchpreise kommt es auf hohe Grundfutterleistungen an. Neben gesparten Kosten für Zukaufsfutter sind weitere positive Effekte durch verbesserte Leistungen in der Tiergesundheit und Fruchtbarkeit zu erwarten. Den Betrieben gelingt es, mit höheren Maissilageanteilen von über 50 % auch den Energieanteil aus dem Grobfutter auf über 60 % zu erhöhen. Hieraus ergeben sich zwangsläufig höhere Grundfutterleistungen bei geringerem Kraftfutteraufwand.
Prognose
Die Produktionskosten werden sich im WJ 2022/23 noch mal deutlich erhöhen: Teure Kontrakte für Konzentrate, die letzte Mindestlohnerhöhung, aber auch Energie, Treibstoff und sonstige Kostensteigerungen werden voll zu Buche schlagen. In der Summe werden für dieses WJ Produktionskosten von deutlich über 52 Ct/kg ECM prognostiziert. Seitens der Milchpreise gab es allerdings im zweiten Halbjahr 2022 sehr hohe durchschnittliche Auszahlungspreise von 58,75 Ct/kg ECM. Selbst wenn die Milchauszahlungspreise stärker als erwartet von etwa 60 Ct zum Jahresanfang auf unter 40 Ct/kg ECM im Sommer fallen sollten, würden die Leistungen im gesamten WJ 2022/23 doch noch mal sehr gute Ergebnisse erwarten lassen.
Welche Effekte sich nun besonders auf das zurückliegende WJ 2021/22 ausgewirkt haben, wird in Übersicht 4 deutlich. Zunächst ist auf der Habenseite ein Zuwachs von 954 €/Kuh festzustellen, was in etwa einer Erlössteigerung von 20 % entspricht. Auf der Kostenseite fallen die Steigerungen nicht ganz so stark aus. Die deutlichsten Verteuerungen lagen im Bereich der Saft- und Kraftfuttermittel sowie bei den Personalkosten. Die Leistungen je Kuh konnten um 971 € verbessert werden, der Gewinnbeitrag inklusive gezahlter Löhne konnte um 652 €/Kuh erhöht werden. Insgesamt war 2021/22 das bislang wirtschaftlich erfolgreichste Jahr seit Beginn des BZA-Vergleichs der Spitzenbetriebe.
Was festzuhalten bleibt.
Der große wirtschaftliche Erfolg des zurückliegenden WJ 2021/22 ist im Wesentlichen durch die hohen Auszahlungspreise im ersten Halbjahr (46,82 Ct/kg) geprägt. Die Betriebe erzielten bei leicht rückläufigen Höchstleistungen von 10 514 kg ECM/Kuh im Durchschnitt ein kalk. BZE von 3,87 Ct/kg ECM bzw. 415 €/Kuh und 94 205 €/Betrieb. Bedingt durch die ab Sommer 2021 extrem bullischen Märkte haben sich sowohl die Gesamtleistungen mit 47,21 Ct/kg (+ 9,49 Ct) aber auch die Produktionskosten mit 43,34 Ct/kg (+ 4,53 Ct) deutlich über dem Vorjahresniveau entwickelt. Insbesondere in diesen Zeiten hoher Betriebsmittelkosten setzen sich verstärkt die Betriebe ab, die ihre betriebsindividuelle Faktorausstattung erfolgreich verwerten können: hohe Grundfutterleistung und Futterqualitäten, wenig Verluste, geringer Zukauf und hohe Produktivitäten.