Brennpunkt. Jetzt auch noch Maul- und Klauenseuche
Nach ASP, Geflügelpest und Blauzungenkrankheit nun auch noch die Maul- und Klauenseuche (MKS)! Mit dem Ausbruch in einer kleinen Herde von Wasserbüffeln östlich von Berlin tritt die Seuche in Deutschland zum ersten Mal seit 1988 auf. Der Bestand wurde umgehend gekeult, ebenso wie empfängliche Tiere im Umkreis von 1 km.
Insgesamt waren davon rund 200 Tiere betroffen. Das Land Brandenburg hat ein Tiertransportverbot erlassen und Sperrzonen im Umkreis von 3 und 10 km um den Fundort eingerichtet. Aufgrund der geringen Viehdichte in der Region konnten die Behörden innerhalb von kürzester Zeit flächendeckende Testungen im Radius von 3 km um den Fundort durchführen – ohne weitere positives Fälle zu finden (Stand zum Redaktionsschluss am 20.01.2025). Auch empfängliche Wildtiere werden dort untersucht. Was bedeutet das Auftreten von MKS in Deutschland?
Infektiosität
MKS ist eine hochansteckende, in der Regel nicht tödliche Viruserkrankung von Klauentieren. Das Virus kann sich auch über große Entfernungen mit der Luft ausbreiten. Genesene Tiere können über einen längeren Zeitraum Virusträger bleiben. Laut Experten des Friedrich Löffler-Instituts (FLI) hat sich die Wasserbüffelherde vermutlich bereits im Dezember 2024 infiziert. Dafür sprechen die festgestellten Symptome und die Bildung von Antikörpern. Der genaue Eintragsweg des Virus vom Serotyp O ist aber bislang unbekannt. Verwandte MKS-Viren kommen im Nahen Osten und Asien vor. Nicht erhitzte Lebensmittel aus diesen Regionen könnten bei der Übertragung eine Rolle gespielt haben, mutmaßen die Forscher. Für Menschen ist das MKS-Virus nicht gefährlich. Für Tierhalter gilt es, strenge Biosicherheits- und Hygienemaßnahmen unbedingt einzuhalten.
Handel
Deutschland hat jetzt den Status »MKS-frei« verloren. Innerhalb der EU gilt die Regionalisierung. Das bedeutet, dass Produkte und lebende Tiere außerhalb der Restriktionszonen frei gehandelt werden dürfen. Für den Export in Drittländer ist MKS-Freiheit im gesamten Bundesgebiet oft aber Bedingung. Einen Importstopp haben bisher Südkorea, Großbritannien, Singapur, Kanada und Mexiko erlassen. Großbritannien ist bei dem Thema alarmiert, es war 2001 selbst von einem verheerenden MKS-Seuchenzug mit Millionen getöteter Tiere betroffen. Allerdings ist die Insel bei tierischen Exportgütern unser größter Handelspartner außerhalb der EU mit einem Exportvolumen
von 850 Mio. €/Jahr. Zwar könnten die Sperren, sollte es zu keinen weiteren Fällen kommen, bereits drei Monate nach Abschluss aller Untersuchungen wieder wegfallen. Experten rechnen jedoch damit, dass die Handelsbeschränkungen noch Monate andauern werden.
Da Molkereien mit Abnehmern in Drittländern teilweise individuelle Vereinbarungen abschließen, kann das auch eine Regionalisierung beinhalten. Damit wären nur Milch(-produkte) aus einer definierten Region (z. B. einem Landkreis) von einem Exportverbot betroffen, wenn dieser als nicht als MKS-frei gilt. In diesen Fällen wäre es also möglich, Exportzertifikate auch für Drittländer zu erhalten, informiert der Milchindustrieverband.
Markt
Die Märkte für Fleisch und Milch sind derzeit höchst verunsichert. Laut Verband der Fleischindustrie beträgt der Umsatz mit Drittländern pro Jahr rund 1 Mrd. €. Noch die geringsten Auswirkungen auf den Preis sind bei Rindfleisch zu erwarten. Denn die Ausfuhr in Drittländer beträgt nur 5 % des gesamten deutschen Exportes (Grafik). Bei Schweinefleisch sind es rund 15 %. Hier hat insbesondere die Schließung des britischen Marktes spürbare Folgen: In Kombination mit der ohnehin saisontypisch angespannten Lage ging die Notierung postwendend um 10 Ct zurück. Nach Einschätzung der ISN dürften die Warenströme langfristig aber neue Wege finden, ähnlich wie es bereits bei den ASP-bedingten Sperren der Fall war. Mit einem Anteil von deutlich über 80 % der deutschen Schweinefleischexporte bleibt der EU-Binnenmarkt aber entscheidend für die Schweinepreise.
Etwa 50 % der Milch aus Deutschland wird exportiert, davon rund 18 % in Drittländer. Auch wenn der Milchmarkt bisher kaum reagiert hat, würde die deutsche Milchwirtschaft ein Einbruch des Exportgeschäfts möglicherweise stärker treffen als die Fleischbranche. Die Bedeutung des Drittlandshandels beim wichtigsten Exportgut Käse lag 2023 bei etwa 15 % der Gesamtausfuhr. Das oberste Ziel muss es jetzt sein, eine Regionalisierungsvereinbarung mit möglichst vielen Drittländern zu erreichen. Dies scheint derzeit mit Großbritannien
in greifbarer Nähe, was auch für Fleisch zutrifft. Abgesehen von den wirtschaftlichen Schäden, welche Keulungen und Handelsrestriktionen von Drittländern bedeuten, droht der Branche aus einem Fortschreiten der MKS ein großer Imageschaden. Bilder wie zur Jahrtausendwende aus Großbritannien, auf denen Bulldozer Tierkadaver zu hohen Haufen aufschichten, wären verheerend. Das würde den Fleischverzehr im Markt Nr. 1 – Deutschland – und damit die Preise weiter drücken.
Impfung
Geeignete Impfstoffe gegen das derzeitige Virus sind in der MKS-Antigenbank Deutschland vorhanden. Diese wurde eigens für Fälle wie den aktuellen Ausbruch eingerichtet. Sie kann nach Aktivierung durch die Bundesländer benötigte Impfstoffe innerhalb weniger Tage herstellen. Ob überhaupt geimpft wird, hängt vom weiteren Verlauf der Infektion ab. EU-Bestimmungen stehen einer flächendeckenden Impfung entgegen. Nur in dem Fall, dass die MKS außer Kontrolle gerät, ist eine Impfaktion rund um einen Ausbruchsherd denkbar. Aber auch damit wären Handelsrestriktionen verbunden.
Auf Bundes- und Länderebene wird dennoch bereits über dieses Szenario diskutiert. Geklärt werden muss, wer die Impfstoffdosen bezahlt. Immerhin geht es um die Produktion einer größeren Menge. Brandenburg fordert, den Impfstoff auf Vorrat zu produzieren, um schnell handlungsfähig zu sein, falls die Seuche sich ausbreitet. An den Kosten sollen sich der Bund und die übrigen Länder beteiligen.
Sollte sich die MKS ausbreiten, könnte der Imageschaden hierzulande die Branche mehr kosten als der Verlust im Export.
Entschädigung
Im Gespräch ist – wie immer direkt nach einem Seuchenausbruch – eine unbürokratische Entschädigung für die Landwirte in den Restriktionszonen durch Bund, Land oder die EU. Insbesondere die mehrtägige Liefersperre für Milch aus den Sperrzonen hat bereits zu kurzfristigen wirtschaftlichen Einbußen für Betriebe geführt. Die Tierseuchenkasse ist nur zuständig für die Entschädigung von Betrieben, die direkt von Keulungen betroffen sind. Hat ein Betrieb eine Ertragsschadensversicherung, deckt diese normalerweise auch wirtschaftliche Schäden ab, die durch Liefersperren entstehen. Meist ist die Entschädigungszahlung allerdings auf ein Jahr begrenzt.