Unkraut oder Ackerwildkraut?
Unkraut heißt nicht umsonst so und gehört wegen der Konkurrenz zur Kulturpflanze nicht auf den Acker. Diesem Grundsatz folgen Landwirte seit 10000 Jahren. Im Ökolandbau wird er nur deshalb nicht so eng gesehen, weil eine auch dort prinzipiell erwünschte Unkrautbekämpfung weniger gut funktioniert. Aber auch Ökolandwirte hacken, flammen oder elektrisieren, wo und wenn es darauf ankommt. Für die Biodiversität ist das ebenso ungünstig wie ein Herbizid. Dass auf Ökogetreideäckern mehr Unkräuter stehen bleiben, die sich natürlich positiv auf die Biodiversität auswirken, ist – so gesehen – kein Systemvorteil, sondern eine Folge unvollkommener Bekämpfungsmöglichkeiten.
Eine neue Arbeit der französischen Universität Rennes stellt diese über Jahrtausende gepflegte Überzeugung nun auf den Prüfstand.
Sie bewertet den Nutzen der Unkräuter neu. Diese können Kulturpflanzen bei der Ausbildung individueller Mykobiome helfen, Pilzen also, die Symbiosen mit ihr eingehen. Ein Beispiel dafür sind Mykorrhizen mit ihren Wirkungen auf Stress, Nährstoff- und Wasseraufnahme sowie Schaderreger. In einem Versuch wurden diese Zusammenhänge mit Weizen und neun Unkrautarten überprüft. Das Ergebnis: Unkräuter auf dem Acker erhöhten tatsächlich die Zahl der Pilzarten rund um die Weizenwurzeln. Das Mykobiom im Boden veränderte sich dagegen nicht. Im sterilen Substrat eines Laborversuchs beeinflussten alle Begleitpflanzen bis auf (ausgerechnet) Weißklee und Purpur-Taubnessel das Mykobiom des Weizens und auch dessen Biomasse. Lassen wir also die Unkräuter, die ja bereits heutzutage meist Wildkräuter heißen, munter wachsen!? Selbst die französischen Forscher sind da vorsichtig. Zwar sei die Anwesenheit bestimmter Wildkräuter für den Weizen von Vorteil. Auf der anderen Seite fehlt der Nachweis, dass ein solcher Mechanismus auf dem Feld ertragswirksam sein könnte. Überhaupt keine Rolle spielt in dieser Arbeit der Schaden, den Unkräuter anrichten können, selbst wenn sie gleichzeitig einen Nutzen bringen. Da kommt es auf die Balance an, aber die kennt im Hinblick auf das Mykobiom derzeit niemand. So wie sich die Klette auf dem Foto bereits entwickelt hat, ist die Antwort allerdings leicht: Unkraut!