Kommentar Energiepolitik. »Wir verlieren den Anschluss«
Herr Professor Weimann, der Bundestag hat in seinem Sondervermögen für Infrastrukturausgaben 100 Mrd. € für den den Klima- und Transformationsfond vorgesehen. Ist das gut oder schlecht?
Es ist schlecht, weil wir dadurch unsere strukturellen Probleme nicht lösen, sondern eher verschlimmern. Eines dieser Strukturprobleme ist, dass wir ein Energiesystem anstreben, dass aus erneuerbaren Energien besteht und Grundlastkraftwerke vernachlässigt. Das geht zu Lasten unserer Industrie. Wenn es schlecht läuft, haben wir bald eine Deindustriealisierung und dazu einen riesigen Schuldenberg.
Das klingt nach Apokalypse und düsteren Zukunftserwartungen. Was muss sich Ihrer Meinung nach bei der Klimapolitik ändern?
Die strukturellen Probleme in der Klima- und Energiepolitik sind gewaltig. Emissionen sind ein internationales Thema und nicht nur ein nationales. Wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass wir mit Alleingängen bei der Klimapolitik die Welt retten. Deutschland alleine kann nicht die Klimafrage entscheiden. Stattdessen benötigen wir Instrumente, die international eingesetzt werden können. Das könnte beispielsweise ein über Länder hinweg funktionierender Emissionshandel sein. Deutschland hat seine Emissionen im Vergleich zu 1990 fast halbiert. Aber wir haben dafür einen viel zu hohen Preis bezahlt, weil wir nicht kosteneffizient vorgegangen sind. Fehlendes Wachstum und leere öffentliche Kassen sind die Folge. Wir müssten in Zukunft dafür sorgen, dass dort CO2 eingespart wird, wo die Kosten dafür am geringsten sind. Aber dank des Geldregens, den die Verschuldung jetzt erzeugt, wird es dazu erst recht nicht kommen. Die Verschwendung wird weitergehen.
Wie hoch ist der Preis dafür?
Wir haben unsere eigene Wirtschaft maximal beansprucht, genauso wie unsere Bürger. Wenn wir bis 2045 klimaneutral sein wollen, oder vielleicht auch bis 2050, kostet das laut Schätzungen zwischen 4 und 6 Billionen €. Das wird uns überfordern und deswegen können diese Ziele nicht erreicht werden. Kein anderes Land steigt gleichzeitig aus der Atomenergie und den fossilen Kraftwerken aus. Nur wir glauben, dass wir allein mit Wind und Sonne klarkommen. Die anderen Länder wissen, dass das nicht klappt und folgen uns deshalb auf diesem »deutschen Weg« nicht.
Wie könnte man es denn besser machen?
Zunächst sollte die Klimapolitik an die EU delegiert werden. Diese macht dann einen umfassenden Emissionshandel, der alle Sektoren einschließt, aber mit Augenmaß vorgeht. Das heißt, Minderungsziele ökonomisch vertretbar setzt. Dann werden auch andere Länder außerhalb der EU sich anschließen. Der Emissionshandel sorgt dafür, dass CO2-Vermeidung dort stattfindet, wo sie am günstigsten zu haben ist. Dazu müssten wir allerdings unsere Ziele anpassen. Netto Null zu erreichen, ist nicht möglich.