Zwischen Export und Subsistenzwirtschaft
Einer der weltgrößten Exporteure von Reis und Kautschuk, bedeutender Produzent von Fisch und Zucker: Thailand ist bekannt für seinen Tourismus, als Agrarnation aber eher ein »Hidden Star«. Christian Mühlhausen hat sich die Landwirtschaft vor Ort angeschaut.
Ausreichend Regen, stabile Temperaturen, je nach Kultur mehrmalige Ernten: Dass Thailand trotz dieser Gegebenheiten kaum interessant ist für Investoren aus dem Agrarsektor, mag unter anderem daran liegen, dass noch sehr viel Subsistenzwirtschaft vorherrscht und die Eigentumsstruktur eine ganz andere ist als bei uns. Im Schnitt ackert nach offiziellen Zahlen eine Familie auf etwa 3 ha Land. Nur 5 % der Betriebe bewirtschaften über 10 ha, zwei Drittel der Betriebe unter 5 ha und ein Drittel sogar weniger als 1,5 ha.
Die Landwirtschaft in Thailand hat viele Facetten
Das ist nicht zuletzt auf die unterschiedlichen Landschaftsstrukturen und Klimabedingungen zurückzuführen. Durch die große Längenausdehnung des Landes findet man ein etwas kühleres, wechselndes und teils trockenheißes Klima im hohen Norden und ein tropisch-monsuales im Süden: Die Durchschnittstemperatur Bangkoks liegt bei 28 °C und der Jahresniederschlag bei 1 400 mm.
Neben der enormen Bedeutung des Reisanbaus spielen auch andere Kulturen eine wichtige Rolle. Das sind z. B. Mais (Produktion: 4,8 Mio. t), Zuckerrohr (mit 9,5 Mio. t weltweit fünftgrößter Zuckerproduzent), Sojabohnen, die Öl- und Faserpflanze Kenaf-Malve, Cassava, Kaffee, Gemüse sowie Südfrüchte. Beim Naturkautschuk ist Thailand mit 3 Mio. t weltgrößter Exporteur. Die Tierproduktion ist geprägt durch einen wachsenden Hühnerfleischmarkt (2,5 Mio. t) und jährlich zunehmende Fleischrindbestände (derzeit 5,5 Mio. Tiere). Der eher kleinbäuerliche Schweinefleischsektor sowie Legehennen (56 Mio. Stück) spielen eine untergeordnete Rolle.
Strukturwandel. Der Blick auf die vergangenen 65 Jahre zeigt den Weg des Wandels im Land, ähnlich wie ihn auch heutige Industrienationen wie Deutschland durchgemacht haben: Arbeiteten 1960 noch 82 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft, die über 38 % zum BIP beisteuerte, sind es heute noch 39 % der Arbeitskräfte und ein Anteil von 8 % am BIP. Wohl aber hat sich die Ernährungsindustrie seit den 1980er Jahren prächtig entwickelt. Thailand hat den Sprung vom reinen Urproduzenten zum Exporteur fertiger Produkte geschafft. Auch viele Produkte des westlichen Ernährungsstils werden heute direkt im Land hergestellt.
Ganz anders und doch ähnlich
Es gibt erstaunlich viele Parallelen zwischen Thailand und Deutschland. Die Einwohnerzahl ist mit 72 Mio. Menschen (davon 11 Mio. in der Metropolregion Bangkok) ähnlich wie bei uns. Von der Fläche ist das Land etwa 1,5-mal so groß wie Deutschland und erstreckt sich ebenso von hohen Bergen bis zum Meer, wobei das Klima allerdings ein völlig anderes ist als bei uns. Auch die landwirtschaftliche Nutzfläche ist mit 19,7 Mio. ha mit der Deutschlands vergleichbar (16,6 Mio. ha).
Wie die Bundesrepublik ist auch Thailand ein demokratischer und recht offener, liberaler Staat – allerdings mit einem König als Staatsoberhaupt (der übrigens den Großteil des Jahres in Deutschland in einer Villa am Starnberger See verbringt).
Ob Schadschwellenprinzip oder Kostensenkung: Bei Feldtagen lernen die Landwirte, wie sie die neuesten Herausforderungen angehen können, die hüben wie drüben ähnlich sind. Wie bei uns ist auch in Thailand z. B. die Reduktion von Pflanzenschutzmitteln ein Thema. Dabei werden unter anderem die Potentiale des Drohneneinsatzes im Reisanbau geprüft. Mit staatlicher Förderung werden in Pilotregionen Stützpunkte aufgebaut, bei denen Landwirte den Pflanzenschutzeinsatz per Drohne ordern können. Üblich ist bislang noch die manuelle Ausbringung.