Die neuen Regeln zur Stickstoffdüngung machen die Produktion von Qualitätsweizen immer schwieriger. Für die N-Nachlieferung aus dem Boden spielt die Bearbeitung eine entscheidende Rolle. Das unterstreicht ein alter Feldversuch, dessen Ergebnisse heute relevanter sind denn je. Klaus Schlüter stellt sie vor.
Viele Ackerbauern fragen sich, wie sie trotz der angepassten Qualitätskriterien für Backweizen noch rentabel produzieren können. Interessante Ergebnisse dazu liefert ein angewandtes Forschungsprojekt des Fachbereichs Agrarwirtschaft der Fachhochschule Kiel. Das Projekt liegt zwar schon einige Jahre zurück. Die Ergebnisse sind aber heute interessanter denn je. In der Fruchtfolge Winterraps – Winterweizen – Wintergerste war bei Mulchsaat für den Weizen mehr Nmin verfügbar als bei Pflugsaat. Daraus resultierten sowohl höhere Erträge als auch höhere Rohproteingehalte.
Was haben wir gemacht?
Die Untersuchungen fanden auf dem Lindenhof-Versuchsfeld der FH Kiel im maritimen Klima statt. Der Standort am Rand des östlichen Hügellandes bietet ebene Ackerflächen mit Parabraunerde aus der Verwitterung von Geschiebelehm der letzten Eiszeit. Die Bodenart ist überwiegend sandiger Lehm mit pH-Werten von 6,2 bis 6,6, Humusgehalten von 3 bis 4% und 45 bis 60 Bodenpunkten. Die Jahresniederschläge liegen bei etwa 850 mm und die Durchschnittstemperatur bei ca. 9,5°C.
In den Jahren 1996 bis 2002 wurde geprüft, wie sich Ackerkulturen unter agrarpolitischen Einschränkungen bei N-Düngung und Pflanzenschutz verhalten. Der damals gewählte Rahmen ist heute Realität geworden: Im Projekt lag die gesamte mineralische N-Düngung des Winterweizens bei 180 kg/ha. Der Fungizideinsatz erfolgte befallsorientiert nur an zwei Terminen (Halmbasis und spätes Schossen), denn das Kernelement des Integrierten Anbaus sind ja schließlich gesunde Sorten. Deshalb wurde die Weizensorte »Zentos« gewählt. Sie hielt dem seinerzeit extremen Befallsdruck mit Echtem Mehltau aufgrund ihrer horizontalen Resistenz problemlos stand und hatte keine Probleme mit Ährenfusarien. Als Kompensationstyp passte sie gut in den Systemvergleich, und als E-Weizen hatte sie ein hohes Proteinbildungsvermögen. Dafür erreichte sie nicht die Höchsterträge wie die seinerzeit dominierende Sorte »Ritmo«.
Über sechs Jahre standen drei Fruchtfolgen parallel in konventioneller Pflug- und Mulchsaat nebeneinander. Neben einer Vielzahl von Bonituren und der Ermittlung von Ertrag und Kornqualität fand auch eine aufwendige Untersuchung der Regenwurmaktivitäten statt. Nach dem Pflügen folgte die Schlepperkombination aus Frontpacker mit Kreiselegge, danach die Aussaat. Für die Mulchsaat wurden Stroh und Erntereste gehäckselt und gleichmäßig auf der Fläche verteilt. Nach ein bis zwei Stoppelbearbeitungsgängen mit dem Rotortiller arbeitete ein leichter Grubber, später folgte die Parzellendrille. Damit blieben große Mengen an zerkleinerten Pflanzenresten in der obersten Bodenschicht.
Mehrertrag bei Mulchsaat
Das wohl erstaunlichste Ergebnis war die ertragliche Überlegenheit der Mulchsaat bei insgesamt 180 kg/ha N (Grafik 1). 1996 herrschte der kälteste Winter der letzten Jahrzehnte mit gefrorenem Boden bis in den April hinein. Im Frühjahr 1998 waren die Bedingungen für die Halmkürzung mit den damals verfügbaren Wachstumsreglern extrem schlecht. Danach hatten lange Wochen mit feuchter Witterung und hoher N-Mineralisierung im Frühsommer bei der langstrohigen Sorte Zentos eine schlechte Standfestigkeit zur Folge. Deshalb ging der Weizen vor der Abreife ins Lager und erlitt Ertragsverluste. Ähnlich, aber nicht so schwerwiegend, war es im Jahr 2001.
Mehr Rohprotein bei Mulchsaat
Die zweite Überraschung war, dass trotz der höheren Erträge der Mulchsaatparzellen auch die Rohproteingehalte im Weizen deutlich höher lagen als bei Pflugbestellung. Das gilt über alle sechs Versuchsjahre (Grafik 2). Die Ergebnisse waren statistisch signifikant und nicht zufallsbedingt. Die relativen Rohproteingehalte schwankten jährlich in Abhängigkeit vom Ertrag (Verdünnungseffekt). Aus diesen Daten lässt sich schlussfolgern, dass nach Winterraps bei Mulchsaat eine höhere Stickstoffaufnahme durch die Sorte Zentos realisiert wurde – und das bei identischem Düngungsniveau.
Woher kam der Stickstoff bei der Mulchsaat?
Zur Ermittlung der Stickstoffdynamik wurden über die gesamte Projektlaufzeit Nmin-Proben in 0 bis 90 cm Bodentiefe zu neun Terminen im Jahresverlauf gezogen. Die ermittelten Daten ließen deutliche Unterschiede in Abhängigkeit von der Boden-bearbeitung erkennen. Bei Mulchsaat war im Mittel der Versuche über alle Jahre nach Winterraps 16% mehr Nitrat in 0 bis 90 cm Bodentiefe verfügbar als bei Pflugsaat.
Die Analyse der Nmin-Gehalte zeigte sehr deutlich, wie sich die Werte in den einzelnen Bodenschichten im Laufe eines Jahres entwickelten. Ab Anfang April hatte die Mulchsaatvariante immer mehr Nmin zur Verfügung als die gepflügte. Beim pfluglos bestellten Weizen lag 1998 der Nmin-Gehalt über alle Bodenschichten Anfang April etwa 15 kg höher als in der Pflugvariante, sodass mehr vegetative Pflanzenmasse gebildet werden konnte. Aufgrund der kühlen Witterung war die Halmverkürzung für diese Last nicht ausreichend. Die größere Biomasse der langstrohigen Sorte hatte Lager zur Folge und somit einen geringeren Kornertrag als die Pflugvariante.
Regenwurmaktivität gesteigert
Bei den Regenwürmern sind vor allem solche Arten wichtig, die lange und tiefe Röhren vom Oberboden bis in den Untergrund wühlen und langfristig erhalten. Gängige Verfahren zur Ermittlung der Regenwurm-Biomasse eigneten sich nicht für die hier vorliegende Fragestellung. Deshalb galt es, über indirekte Parameter einen Einblick in die Aktivität der Würmer zu bekommen. So wurde im letzten Versuchsjahr die Anzahl der stabilen, dauerhaften Regenwurmröhren in 12 cm Bodentiefe zu drei Terminen (Mai, Juni, Juli) erfasst. Diese korrelierten sehr gut mit der Populationsdichte der Regenwürmer im Boden und ließen somit Schlüsse auf die Gesamtaktivität zu. Grafik 3 zeigt: Über die gesamte Hauptwachstumsperiode war die Zahl der Regenwurmgänge unter Mulchsaat deutlich höher als bei Pflugsaat.
Durch die starken vertikalen Wanderungsbewegungen innerhalb des Bodenprofils trugen die Regenwürmer erheblich zu einer Verlagerung organischer Substanz bei, die somit auch in die tieferen Bodenschichten gelangte.
Dort erfolgte dann auch in den warmen Frühsommerwochen während der Hauptwachstumsperiode eine Mineralisierung aufgrund der besseren Sauerstoffversorgung. So wurde den Pflanzen leicht verfügbarer Stickstoff in einer Bodentiefe zur Verfügung gestellt, in der aktives Wurzelwachstum herrschte. Auf diese Weise konnte der Weizen die höheren Erträge und Proteingehalte realisieren.