Das Ziel aus dem Blick verloren
Tierwohl. Als die ZKL sich kurz vor dem Treffen mit dem Bundeskanzler für eine Finanzierung des Tierwohlumbaus über eine schrittweise Anhebung der Mehrwertsteuer aussprach, keimte kurz Hoffnung auf, dass nun wirklich Bewegung in das Thema kommt. Am Ende war aber alles wie immer – »schwierig«, »noch einiges zu klären« und eine freundliche Einladung von Scholz, die ZKL möge doch gerne Ende des Jahres mal wieder reinschauen. Es ist zum Haareraufen! Unverständlich auch: Der Finanzierungsvorschlag wird postwendend von landwirtschaftlichen Verbänden konterkariert, obwohl sie selbst an der Erarbeitung des ZKL-Konsens beteiligt waren. Sie fordern, dass die Finanzierung von mehr Tierwohl eingebunden werden soll in ein »Gesamtpaket« für die Landwirtschaft. Als wenn das Thema Tierwohl alleine nicht schon komplex genug wäre! Und: Der Bauernverband will von einer Mehrwertsteuererhöhung gar nichts mehr wissen. Das Geld solle »aus dem Haushalt kommen«. Diese Forderung in Zeiten leerer Kassen ist gleichbedeutend damit, nicht mehr für die Interessen der Tierhalter einzutreten.
Es ist offensichtlicher denn je: Von einer Finanzierung des Tierwohlumbaus à la Borchert sind wir weit entfernt. Dazu sind noch viel zu viele Fragen offen. Die beziehen sich aber weniger auf den ersten Schritt, nämlich, woher das Geld kommen soll, als vielmehr darauf, wie es bei den Tierhaltern ankommt. Dafür ist zum einen das aktuelle Bundesförderprogramm stark anzupassen, damit insbesondere laufende Mehrkosten für Tierwohlmaßnahmen im größeren Maßstab ersetzt werden. Tut sich hier nichts, wird nicht investiert werden. Zum anderen müssen langfristige Verträge her, die den Bund verpflichten, das Geld für Tierwohlzwecke aus dem Haushalt bereitzustellen – egal wer gerade regiert. Damit wäre die fehlende Zweckbindung der Einnahmequelle Mehrwertsteuer entschärft. Kurz: Man muss es einfach so machen, wie es die Borchert-Kommission (schon vor langer Zeit) vorgeschlagen hat. Das ist zugegebenermaßen der schwierige Teil. Umso leichtfertiger ist es, beim einzig sinnvollen Finanzierungsweg nicht mit einer Stimme zu sprechen. Kommt der nicht, wird man sich über den Rest auch nicht unterhalten müssen. Die Leidtragenden sind die Tierhalter. Sie werden die absehbar weiter steigenden gesetzlichen Anforderungen beim Tierwohl ohne finanzielle Unterstützung nicht bewältigen können. Der Politik hingegen macht man es so einfach, sich weiter fast ausschließlich um die ordnungspolitische Seite von Tierwohl zu kümmern.