Zuchtverfahren. Diese Werkzeuge bringen den Fortschritt
Nachdem eine Intensivierung der Düngung und neue Lösungen im Pflanzenschutz bei vielen Kulturen ausgereizt bzw. kaum noch möglich sind, soll die Züchtung es »richten«. Warum es bei einigen Kulturen schneller vorangeht als bei anderen und mit welchen Kniffen und Tricks die Züchter arbeiten, zeigt Thomas Miedaner.
So alt sie auch sein mögen, die Mendelschen Regeln sind heute wie vor über 150 Jahren die Grundlage der Pflanzenzüchtung. Was sich jedoch seit der Zeit Mendels geändert hat, sind die Werkzeuge, mit denen die Züchter an neuen Sorten feilen. Innovative Technologien sorgen für einen höheren Zuchtfortschritt in immer kürzerer Zeit. Und das ist auch dringend nötig. Denn ein nachhaltiger und effizienter Pflanzenbau braucht robuste, ertragreiche und ressourceneffiziente Sorten.
Der Zuchtfortschritt ist ungebrochen.
Er beschreibt den Unterschied der genetisch bedingten durchschnittlichen Leistung einer Population gegenüber der Vorgängergeneration und somit die Veränderung der Merkmale über die Jahre. Die Auswertung von Wertprüfungsdaten zeigt einen signifikanten linearen Anstieg der Erträge über rund 30 Jahre (siehe Grafik). Es gibt keinerlei Anzeichen, dass sich der genetische Fortschritt in den letzten Jahren verlangsamt hat. Es ist kein Zufall, dass Hybridsorten an der Spitze liegen, sondern ein Ausweis der unterschiedlichen Effizienz der Zuchtmethoden. Beim Roggen kann man dies direkt vergleichen. Während die Hybridsorten einen jährlichen genetischen Zuchtfortschritt von 0,88 % gewährleisten, sind dies bei den Populationssorten nur 0,40 %.
Die Erträge auf den landwirtschaftlichen Betrieben liegen 23 % (Winterweizen) bis 43 % (Winterroggen) niedriger als in den Wertprüfungen und stagnieren seit den 2000er Jahren. Ursachen dafür sind die Ausschläge des Klimawandels (Hitze, Trockenheit, Überschwemmungen), aber auch Verschiebungen der Anbauflächen, eine Extensivierung des Anbaus und Beschränkungen der Stickstoffdüngung (rote Gebiete).
Neben der Zuchtmethode spielt auch die Intensität der Züchtung eine entscheidende Rolle. Diese wird bei den »großen Kulturen« immer deutlich höher sein als bei Weidelgräsern, Populationsroggen oder Sommerweizen.
Grundsätzlich ist die Pflanzenzüchtung ein sehr langwieriger Prozess und läuft immer nach demselben Schema ab:
- Erstens: Herstellung neuer Variation, meist durch Kreuzung,
- Zweites: Selektion geeigneter Nachkommen in aufeinanderfolgenden Generationen,
- Drittens: Erstellung der neuen Sorte.
Je nach Kulturart dauert es fünf bis acht Jahre, bis eine neue Sorte für die Wertprüfung beim Bundessortenamt angemeldet werden kann. Bei ausdauernden Arten (Weinreben, Obstgehölze) dauert es noch viel länger. Deshalb sind alle Techniken, die das Verfahren beschleunigen, nicht nur hochwillkommen. Sie erhöhen auch den Zuchtfortschritt.