Was bleibt von den Bauernprotesten?
Proteste. Was für ein Jahresauftakt! Landauf, landab sammelten sich die Traktoren auf den Straßen, Hunderttausende waren unterwegs. Die Gründe der Unzufriedenheit – die Steuerbefreiungen waren nur der Anlass – haben sich über Jahre aufgestaut. Genervt von den ökologischen Utopien der Städter, enttäuscht von der mit Mängeln behafteten Agrarpolitik, ausgequetscht von der Marktmacht der Discounter, erbost über die zunehmende Dokumentationspflicht und besorgt über die schwindende Wettbewerbsfähigkeit übermitteln die Landwirte der Gesellschaft eine Botschaft, die da lautet: Das Fass ist voll. Der Frust ist groß. Und er wird immer größer, wenn es mit den Versprechen, die den Landwirten gemacht, aber nicht eingelöst werden, kein Ende hat. Denn das alles hatten wir schon. Um die Jahreswende 2019/2020 wurde die Hauptstadt schon einmal von Treckern überrollt. Um zu schlichten, berief die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Das Gremium einigte sich auf ein gemeinsames Papier für eine tragbare Transformation des Agrar- und Ernährungssektors hin zu mehr Umweltschutz, mit konkreten Empfehlungen an die Politik. Doch an der praktischen Umsetzung hapert es bis heute. Ebenso die jetzt von Minister Özdemir in die Debatte eingebrachte Tierwohlabgabe. Diesen Vorschlag hatte bereits die 2019 eingerichtete Borchert-Kommission gemacht.
Fakt ist: Wir brauchen keine neuen Stuhlkreise, um Reformideen zu diskutieren. Diese Konzepte sind seit Langem da. Zugegeben, beide Vorschläge haben auch Schwächen, gerade, was die Finanzierbarkeit angeht. Die öffentlichen Kassen sind leer, der Verteilungskampf hat längst begonnen. Gerade deshalb müssen wir weg vom Ungefähren und hin zu einer klaren Zukunftsperspektive, die es Landwirten ermöglicht, mit Eigenverantwortung, Gestaltungswille und Risikobereitschaft erfolgreich zu sein. Zu einem klaren Leitbild gehört auch, dass man die Zielkonflikte offen benennt – für Landwirte und Gesellschaft. Wenn wir aus dem Wut-Karussell aussteigen wollen, muss auch dringend die ausufernde Bürokratie an der Wurzel gepackt und ordentlich »ausgemistet« werden. Das permanente Misstrauen und die Regulierungswut bis ins kleinste Detail: Das ist es, was mehr aufregt als teurer Diesel. Viele Vorschriften beinhalten Pingelichkeiten, die juristisch hart formuliert, im praktischen Betriebsalltag aber gar nicht zu organisieren sind. Das Momentum ist da, die überfälligen Veränderungen jetzt beherzt einzuleiten – im Großen wie im Kleinen.