Große Potentiale für LKW und Schiffe
Nicht nur die Landwirtschaft muss klimafreundlicher werden. Auch im Verkehrssektor sind die THG-Minderungsziele äußerst ambitioniert. Besonders im Straßenschwerlastverkehr und in der Schifffahrt bieten Bio-CNG und -LNG umweltschonende Alternativen zu Diesel. Katharina Bär und Friedemann Mörs geben einen Überblick.
Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Dazu ist eine Energiewende in allen Sektoren notwendig. Positiv sticht hier der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms hervor, wohingegen der Anteil der erneuerbaren Kraftstoffe im Verkehrssektor mit 7 % noch sehr gering ausfällt. Gleichzeitig hatte der Verkehrssektor, der hauptsächlich aus Individual-, Schwerlast- und Luftverkehr besteht, im Jahr 2017 einen Anteil von 30 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland. Vergleichsweise leicht kann der Individualverkehr (PKW) den Antrieb auf Elektroautos umstellen. Aufgrund herausfordernder Fahrprofile, schwerer Lasten und kurzer Standzeiten ist die Umstellung von Nutzfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen auf CO2-neutrale Antriebe eine größere Herausforderung. Komprimiertes Erdgas (CNG) sowie Flüssigerdgas (LNG) gewinnen sowohl in der Schifffahrt als auch im Schwerlastverkehr
zunehmend an Bedeutung. Durch die Nutzung alternativer Kraftstoffe aus nachhaltigen Kohlenstoffquellen wie z. B. Biogas kann das CO2-Einsparpotential noch deutlich gesteigert werden.
Neue gesetzliche Verpflichtungen. Die RED (renewable energy directive) regelt unter anderem die Anforderungen an die Kraftstoffinverkehrbringer und enthält außerdem Regelungen zum Nachweis der Nachhaltigkeit von Biomasse. Der Inverkehrbringer ist der sogenannte Quotenverpflichtete. Er muss eine THG-Minderungsquote einhalten und die THG-Emissionen, der von ihm in Verkehr gebrachten Kraftstoffe um einen festgelegten Prozentsatz senken. Somit sind u. a. große Kraftstoffkonzerne an erneuerbaren Kraftstoffen wie Bio-CNG oder Bio-LNG interessiert. Der Gesetzgeber bewertet dabei Reststoffe, tierische, pflanzliche und auch Haushalts- und Speiseabfälle als besonders wertvolle Substrate, was sich in der »Wertigkeit« des Biogases bemerkbar macht. Somit sind auch kleinere Biogasanlagen, die diese Substrate gemäß der BioSt-NachV verwerten, von großem Interesse für den Kraftstoffmarkt.
Eigenschaften methanbasierter Kraftstoffe. Generell kann Biomethan in zwei verschiedenen Aggregatzuständen als Kraftstoff genutzt werden. Zum einen in verdichteter Form als Bio-CNG (komprimiertes Biomethan) oder in verflüssigter Form als Bio-LNG (Übersicht). Grundsätzlich unterscheiden sich sowohl Bio-CNG als auch Bio-LNG in ihren Eigenschaften nicht von den fossilen Pendants und können somit problemlos gemischt werden.
Herstellung und Bereitstellung. Im Rohbiogas, das hauptsächlich aus Methan und CO2 besteht, müssen vor der Weiterverarbeitung zu Bio-CNG oder -LNG Wasser, CO2, Schwefelverbindungen sowie Ammoniak, Sauerstoff usw. entfernt werden. Das CO2 im Rohbiogas kann vor der Weiterverarbeitung zu Bio-CNG oder Bio-LNG entweder
- in einer Biogasaufbereitungsanlage entfernt oder
- in einer Anlage zur biologischen Methanisierung zu Methan umgewandelt werden.
Das Rohbiogas oder aber auch das abgeschiedene CO2 aus der Biogasaufbereitungsanlage können direkt in einem weiteren Reaktor zu SNG (synthetic natural gas) methanisiert werden. Die Methanisierung kann katalytisch oder biologisch aktiviert stattfinden. Dabei wird CO2 mit elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff zu Methan und Wasser umgesetzt (»Power-to-Gas«). Bei der katalytischen Methanisierung muss das Rohbiogas aufwendig feinentschwefelt werden, da der Katalysator empfindlich auf Schwefelverbindungen reagiert. Allerdings ist die Reaktion am Katalysator deutlich schneller als biologisch induziert, sodass der katalytische Reaktor kleiner ausfallen kann. Die Mikroorganismen der biologischen Methanisierung sind vergleichsweise robust gegenüber Schwefelverbindungen, sodass gängige Verfahren zur Feinentschwefelung ausreichen. Nach der Aufbereitung kann das Biomethan komprimiert und ins Gasnetz eingespeist oder direkt als Bio-CNG verwendet werden. Geräte zur Methanverdichtung und das Konzept der Hoftankstelle sind bereits etabliert und finden sich auch bei einigen Biogasanlagenbetreibern. Bei Bio-LNG als Zielprodukt wird das Biogas bei der Verflüssigung auf bis zu – 161,5 °C abgekühlt. Da CO2, H2S und H2O bei diesen Temperaturen ausfallen können, müssen sie durch eine Gasfeinreinigung nahezu vollständig entfernt werden. Diese Vorreinigung ist typischerweise in gängigen Verflüssigungsanlagen enthalten. Zur Verflüssigung von Methan existieren verschiedene Verfahren, die sich je nach Anlagengröße stark unterscheiden.
Kosten. Die Grafik zeigt die Kraftstoffkosten von Bio-CNG und Bio-LNG aus Biogas für verschiedene Anwendungsfälle. In einem Fall (»BGAA«) wird der Biokraftstoff direkt nach der Biogasaufbereitungsanlage erzeugt. Im anderen Fall (»BGAA + PtG«) wird das CO2 aus
dem Rohbiogas methanisiert. Im Fall der Methanisierung des Rohbiogases (BGAA + PtG) sind sowohl die Kosten für die fermentative
Methanerzeugung als auch die für Elektrolyseur und Methanisierungsreaktor (PtG) berücksichtigt. Außerdem wird zwischen einer LNG-Hoftankstelle (»LNG zentral«) sowie einer dezentralen Verflüssigungsanlage unterschieden (»LNG dezentral«).
Es zeigt sich, dass bei allen Fällen die Kosten für die Methanbereitstellung den höchsten Anteil an den Kraftstoffkosten einnehmen und dass bei beiden Fällen Bio-LNG geringfügig teurer ist als Bio-CNG. Da PtG-Anlagen und insbesondere die Investitions- sowie Stromkosten des Elektrolyseurs zur Herstellung des grünen Wasserstoffs noch vergleichsweise teuer sind, sind auch die Kraftstoffkosten für BGAA + PtG aktuell noch sehr hoch. Zukünftig werden deutlich geringere Investitions-und Stromkosten für den Elektrolyseur aber auch für die Methanisierungsanlage prognostiziert.
Kreislaufwirtschaft einer Bio-LNG-Anlage
Drei Nutzungswege. Ende August wurde in Güstrow (Mecklenburg-Vorpommern) die größte Bio-LNG-Verflüssigungsanlage Deutschlands in Betrieb genommen. Die EnviTec Biogas AG leitete die Umnutzung der 500-GW-Anlage 2021 ein und baute die ehemals ins Erdgasnetz einspeisende Biogaslange nahezu vollständig um. Die Anlage soll täglich 25 000 kg Bio-LNG für den Schwerlastbetrieb produzieren. Das entspricht in etwa 50 Mio. LKW-km pro Jahr. Wurden vor der Umnutzung rund 400 000 t Substrat – hauptsächlich Maissilage – pro Jahr verwendet, konnte der Einsatz nach der Modernisierung auf 150 000 t reduziert werden. Als »Futter« dienen neben landwirtschaftlichen Reststoffen Hühnertrockenkot und Mais. Zusätzlich zu der Biomethanverflüssigung wird außerdem flüssiges Kohlendioxid auf Lebensmittelniveau produziert, welches als Bio-CO2 beispielsweise in der Getränkeindustrie oder in Gewächshäusern zum Einsatz kommt. Das bei der Verflüssigung des CO2 anfallende Off-Gas wird wiederum in BHKW vor Ort für die eigene Energieversorgung genutzt. Der gesamte Bioenergiepark umfasst 20 ha.
Potentiale. Laut einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) wird davon ausgegangen, dass die LNG-Nachfrage in der Schifffahrt und im Straßenschwerlasttransport bis 2030 auf 35 bis 117 Petajoule (PJ) steigt. Diese Nachfrage könnte vollständig durch Bio-LNG gedeckt werden, da das erschließbare Biogaspotential bei 424 – 697 PJ liegt. Davon sind 20 – 30 % noch unerschlossene Abfall und Reststoffe. Zwischen 131 – 151 PJ können aus rund 2 000 bestehenden Biogasanlagen mobilisiert werden, die in den nächsten 10 – 15 Jahren ihren Anspruch auf EEG-Vergütung verlieren und sich aufgrund der Anlagengröße für eine Umrüstung auf Biomethan bzw. Bio-LNG besonders gut eignen. Die dena prognostiziert, dass eine erfolgreiche Etablierung von Bio-LNG im Straßengüterverkehr und in der Schifffahrt rund 7 Mio. t CO2äq (ca. 10 % der erforderlichen THG-Vermeidung) bis 2030 einsparen könnte.
Klimaschonende Busse
Öffentlicher Nahverkehr. Busunternehmen im öffentlichen Personen-Nahverkehr müssen bei der Beschaffung neuer Busse vorgeschriebene Quoten für »saubere Fahrzeuge« einhalten. Die Potentiale von Biomethan in diesem Bereich wurden unter Federführung der Universität Hohenheim im Rahmen des dreijährigen Projektes »NEOBus« in Baden-Württemberg untersucht. Ein Bus lief mit Bio-CNG und einer mit Bio-LNG. Beide Fahrzeuge wurden direkt an Biogasanlagen mit entsprechenden Aufbereitungsanlagen betankt. CNG-Motoren können die gleiche Leistung und das gleiche Drehmoment wie ein Dieselmotor realisieren. Dank moderner Abgasreinigungstechnik ist ihr Schadstoffausstoß im Vergleich zum Dieselmotor jedoch um 97 % reduziert. Durch die Kombination mit Bio-CNG lassen sich die CO2-Emissionen auf einen klimapositiven Wert von bis zu – 10 g CO2/km bringen. Der Bus mit seriellem Hybridantrieb und verflüssigtem Biomethan (Bio-LNG) kombiniert die hohe Reichweite eines Verbrennungsmotors mit den Vorzügen eines Elektroantriebs. Das Laden der Batterie erfolgt mit einem hohen Wirkungsgrad. Somit weist der relativ kleine Verbrennungsmotor sehr geringe Emissionen auf. Das in einem Kryotank im Fahrzeug mitgeführte Bio-LNG ermöglicht Reichweiten von über 800 km. Dabei führt der Biomethan-Kraftstoff nicht nur zu geringeren THG-Emissionen. Verflüssigtes Methan kann auch den Ausstoß von Stickoxiden im Vergleich zu einem Euro VI-Dieselbus um 60 % reduzieren und die Feinstaubbelastung im Vergleich zu konventionellen Dieselbussen um 90 % senken.
Fazit. Sowohl Bio-CNG als auch Bio-LNG können zur Einhaltung der Klimaziele im Verkehr beitragen. Beim CNG als Kraftstoff sind die Tankstellen und weitere Infrastruktur im PKW-Individualverkehr bereits seit Jahren vorhanden. Außerdem sind erste landwirtschaftliche Maschinen mit CNG-Antrieb auf dem Markt und auch das Konzept der Hoftankstelle bereits an einigen Biogasanlagen etabliert. Bei LNG als Kraftstoff steigt die Zahl der Tankstellen kontinuierlich an. Außerdem bieten mittlerweile auch einige Hersteller kleine Verflüssigungsanlagen für den Anwendungsfall »Biogasanlage« an und erste Hersteller landwirtschaftlicher Maschinen haben LNG-Traktoren präsentiert. Somit ist die Produktion von Biokraftstoffen eine weitere Möglichkeit, die Biogasanlagenlandschaft in Deutschland weiter erhalten zu können und einen kleinen Teil des benötigten Kraftstoffs selbst in Deutschland zu produzieren.
Katharina Bär und Friedemann Mörs, DVGW-Forschungsstelle am Engler-Bunte-Institut des KIT, Karlsruhe