Applikationstechnik. Es geht nicht nur ums Sparen
Spot Spraying ist in vielen Diskussionen um Pflanzenschutzmittel und besonders um deren Einsparungen ein Thema. Aber dass das gar nicht der wichtigste Punkt für den Praktiker ist, zeigt Thies Schmoldt am Beispiel von Zuckerrüben.
Wie viel Pflanzenschutzmittel lässt sich mit Spot Spraying sparen? Wovon hängt das hauptsächlich ab? Und: Welche positiven Aspekte gibt es darüber hinaus? Versuche dazu hat Syngenta mittlerweile im dritten Jahr zusammen mit der Firma SAM Dimension in drei Bundesländern durchgeführt. Dabei ist die Sensorik zur Unkrauterkennung nicht direkt auf der Applikationstechnik (on board) verbaut. Es wurde in einem absätzigen Verfahren gearbeitet, bei dem zuerst eine Drohne das Feld überfliegt und mittels der entstandenen Bilder eine Applikationskarte erzeugt wird. Diese nutzt die Feldspritze anschließend zur Ausbringung der Herbizide.
2024 wurde auf Zuckerrübenflächen erstmals untersucht, wie man die Auswahl unterschiedlicher Wirkstoffe an Spot Spray anpassen kann und welchen Einfluss verschiedene Fruchtfolgen auf das Einsparpotential haben. Ein Versuchsstandort war dabei das Internationale Pflanzenbauzentrum der DLG in Bernburg. Dort bot sich die einmalige Gelegenheit, Spot Spray innerhalb eines Schlages auf den Einfluss unterschiedlichster Fruchtfolgen zu untersuchen. Es handelt sich hierbei um eine 14 ha große Fläche, auf der seit 2013 fünf unterschiedliche Fruchtfolgen ausgedrillt worden sind, und zwar einfache, zweigliedrige Systeme aus Körnermais im Wechsel mit Winterweizen bis hin zu einer komplexen Fruchtfolge mit Winterweizen, Sommererbsen, Winterweizen, Zuckerrüben, Durum und Winterraps. Die einzelnen Parzellen waren 18 m x 65 m groß, es gab jeweils vier Wiederholungen (Projektname des Versuchs: »Systemvergleich: Fruchtfolge«).
Der Unkrautdruck innerhalb der einzelnen Fruchtfolgeglieder zum Bonitur-Zeitpunkt Mitte Mai hat dabei massiv geschwankt. Während in der Parzelle nach Winterweizen aus der einfachen Winterweizen-Winterraps-Fruchtfolge die Unkrautdichte bei 1 Pflanze/m2 lag, fanden sich in der ehemaligen Rapsparzelle der weiten, sechsgliedrigen Fruchtfolge bis zu fünfmal mehr Unkräuter (folgende Grafik). Dieser vergleichsweise hohe Unkrautdruck führte dazu, dass bei der Applikation, die alle Unkräuter erfassen sollte, in fast jeder Parzelle nahezu keinerlei Einsparungen an Pflanzenschutzmittel realisiert werden konnten. Allerdings war es durch die hohe Auflösung der Drohnenbilder möglich, die einzelnen Pflanzen in drei unterschiedliche Gruppen einzuordnen: Unkräuter, Ungräser, Disteln. So konnten mit einem Drohnenüberflug drei einzelne Applikationen gefahren werden, wobei im Tank einmal eine breite Mischung an Dikotyl-aktiven Herbiziden, eine Gräsermischung und eine spezifische Distelapplikation eingesetzt wurde. So konnten bei den Gräsermitteln 85 % und bei der Distelbehandlung 93 % an Produktmenge gespart werden. Besonders die Einsparung von Herbiziden zur Distelbekämpfung macht sich hierbei durch den relativ hohen Preis pro ha bezahlt. Zusätzlich konnte die Distelbehandlung einige Wochen später erfolgen, da dann höhere Wirkungsgrade erzielt werden und sich Disteln in diesem Zeitraum nicht weiter räumlich verteilen können bzw. keine neuen Individuen hinzukommen. Wenn die Distelbekämpfung erfolgreich verlaufen ist und sich die Nester nicht weiter ausbreiten, kann man in den Folgekulturen an den gleichen Positionen wieder eine gezielte Distelbehandlung vornehmen.
Die Bandbreite der Möglichkeiten zum Management für diese ortstreuen Arten lässt ich je nach Standort weiterspinnen. Für Ackerschachtelhalm oder Quecke ließen sich so mehrjährige Schwerpunktkarten erzeugen, ohne die kompletten Schläge per pedes erkunden zu müssen. Für Gräser muss man allerdings einschränkend sagen, dass eine Arterkennung noch absolute Zukunftsmusik ist, die bei der Unkrautkartierung generell fast als »heiliger Gral« angesehen wird. Die Praxis wird sich für die nächsten Jahre mit Monokotylen-Karten begnügen müssen und die Artbestimmung weiter händisch vornehmen. Falls die Schläge aber nur von einer Ungrasart nennenswert betroffen sind, fällt dieser Umstand nicht so stark ins Gewicht.
Vorhersehbarkeit des Verbrauches an Spritzbrühe
Wie vorhersehbar ist der Verbrauch an Spritzbrühe bei Optical Spot Spray und Drohnendetektion? Im Gegensatz zur
Bandspritzung, deren Einsparpotentiale vergleichsweise einfach zu berechnen sind, stehten Landwirten, Industrie, Forschung und Behörden diese festen Kennzahlen beim Thema Spot Spraying nicht zur Verfügung. Und bei Systemen, bei denen die Unkrauterkennung erst bei der Überfahrt der Spritze stattfindet, wird dieser Makel wahrscheinlich nie vollständig behoben werden können. Beim absätzigen Verfahren werden aber die Simulationen der potenziellen Einsparung immer besser. Sobald die Drohne geflogen ist und die Bilder ausgewertet worden sind, kann laut Applikationskarte mit einer im voraus berechneten Menge gespritzt werden.
Wenn die Maschinenabmessungen (Teilbreiten) und das Terminal der Spritze bekannt sind, kann der Anwender seinen voraussichtlichen Verbrauch grob einschätzen. Wer die Ware noch nicht vorgekauft hat, bekommt so die Möglichkeit, dem Handel nur 75, 50 oder sogar nur 25 % abzunehmen. Allerdings sollte man sich auch nicht auf die letzten paar Prozent angekündigter Einsparung verlassen, damit man nicht wegen weniger Kanister oder Kartons nochmal los muss.
Eine kurzfristige Kalkulation der Verbräuche ist unmittelbar nach dem Drohnenflug also grob möglich. Im Gegensatz zur Bandspritzung kann das Einsparpotential zwischen den Jahren aber stark schwanken. Als Beispiel sei hier wieder der Versuch in Bernburg genannt. Während im Jahr 2023 auf dem benachbarten Schlag in der NAK 2 bereits 70 % der Fläche unbehandelt geblieben sind, wurden 2024 mit dem gleichen Drohnendienstleister und der gleichen Spritze in der NAK 2 nahezu keinerlei Einsparungen erzielt. Eine große Rolle hat hierbei die unterschiedliche Bewirtschaftung der beiden Schläge gespielt, aber auch der vollkommen konträre Witterungsverlauf (Niederschläge!) im April der beiden Jahre.
Ertragsverlust durch Phytotoxizität?
Bereits im Jahr 2023 wurden auf einem anderen Schlag in Bernburg die drei Varianten Flächenspritzung, Bandspritzung und Spot Spray verglichen. Die Applikationstermine, Herbizide und Aufwandmengen waren identisch. Neben den unterschiedlichen Einsparungen fiel ein Punkt besonders ins Auge: Nach der NAK 3-Applikation zeichneten die Varianten mit der Flächen- und der Bandspritzung für etwa eine Woche, während die Spot-Spray-Streifen ohne augenscheinliche Symptome weitergewachsen sind. Eine punktuelle Handbeerntung ergab daraufhin ein Ertragsplus von 1,5 t BZE/ha in der Spot-Spray-Variante, während die Flächenspritzung und die Bandbehandlung vergleichbare Erträge erzielten. Dieser Umstand wurde in der Saison 2024 weiter untersucht. An einem zusätzlichen Standort in Niedersachsen wurden unterschiedliche Herbizidstrategien in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer Niedersachsen geprüft. Hierbei wurden vier unterschiedlichen Varianten verglichen, von denen drei ab der NAK 2 per Spot Spray appliziert worden sind. In den Spot Spray-Varianten konnte zwischen 33 und 60 % an Herbizidmenge eingespart werden. Nach dieser Applikation waren sehr deutliche Symptome von Phytotoxizität auf der gesamten Versuchsfläche zu erkennen. In den Flächenspritzungen waren sie gleichmäßig über den gesamten Streifen sichtbar.
In den Spot-Spray-Varianten hingegen konnte man Muster erkennen, die deutlich die unbehandelten Stellen abzeichneten. Bis Mitte August haben sich diese Muster oberflächlich wieder verwachsen und auch der Vegetationsindex (Grünfärbung) nährte sich in allen Streifen einem gleichmäßigen Maximum. Die einzelnen Punkte der Applikation dieser Maßnahme wurden später für die Ertragskartierung genutzt. Per Handrodung wurden in den Spot-Spray-Varianten die Erträge aus den behandelten Spots mit den unbehandelten Bereichen verglichen. In elf von zwölf Fällen lag der Ertrag in den unbehandelten Bereichen über den Erträgen der behandelten Spots. In der Spitze betrug die Ertragsdifferenz 2,5 t/ha BZE. Übertragen auf den aktuellen Marktpreis und hochgerechnet auf die Gesamtfläche mit 33 % Einsparungen würde das einen monetären Mehrwert von etwa 200 €/ha bedeuten. Der Ertragseffekt hat damit in diesem Versuch den Einsparungseffekt um ein Vielfaches monetär überstiegen.
Großflächige Ertragsanalyse notwendig
Um diesen Faktor weiter untersuchen zu können, ist eine großflächige Ertragsanalyse notwendig. Ein einzelner Ertragswert für die Gesamtfläche reicht für eine ausreichende monetäre Bewertung von Spot Spraying nicht aus. Hierfür müssen die Pflanzenschutzmittelverbräuche auf Teilflächen mit Ertragskarten übereinandergelegt werden. Es treten aber zwei technische Probleme auf: Man kann zwar die Applikationskarten, die auf das Terminal geladen werden, als Annäherung der tatsächlichen Applikation betrachten. Allerdings kann je nach Teilbreitenschaltung und Software diese von einer Karte der tatsächlichen Applikation noch recht weit entfernt sein. In der Regel dokumentieren Terminals die einzelnen Punkte, an denen appliziert worden ist, noch nicht.
Außerdem ist Rodungstechnik mit einer zuverlässigen Ertragskartierung noch selten. Ein schnelles Aufholen auf den technischen Stand der Druschtechnik wäre hier vor dem Hintergrund der Digitalisierung sehr wünschenswert.
Nicht die Technologie, sondern die Umwelt und der Betrieb bestimmen über das Einsparpotential. Eine recht naheliegende, aber ungern genannte Eigenheit von Spot Spraying: Wachsen die Unkräuter dicht an dicht, wird es mit der Einsparung schwierig. Selbst mit einer 50-cm-Teilbreitenschaltung können Sie sicher sein, dass bei einem durchschnittlichen Abstand zwischen den Unkräutern von 1 m oder weniger aus dem Spotten eine Flächenspritzung wird. In Normaljahren werden Sie mit einer geringen Unkrautdichte wahrscheinlich erst ab der NAK 3 konfrontiert sein oder wenn Sie ausschließlich auf einzelne Unkrautarten wie Disteln selektieren wollen. Ausnahmen sind hierbei generell trockenere Standorte bzw. Anbaujahre mit einem trockenen April und Mai, in denen möglicherweise alle Unkrautarten nur sporadisch auflaufen.
Auch, wie groß der Einfluss der Schlaghistorie ist, zeigt das Beispiel der Versuchsfläche in Bernburg. Ein geringer Besatz an Begleitkräutern und Gräsern ist in der Regel nur mit einem gut integrierten System aus Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Aussaat und Herbizidregime zu erreichen. Haben mehrere Arten einen hohen Bodenvorrat an Samen über den gesamten Schlag, ist das Potential für Spot Spray eher gering. In dieser Situation ist eine nennenswerte Einsparung an Herbiziden wohl nur per Hacke und Bandspritzung zu erreichen.
Man kann mittlerweile grobe Pauschalierungen für die optimale Einspartechnologie vornehmen. Sind die Flächen sehr homogen, weisen im Frühjahr dauerhaft gute Auflaufbedingen auf und werden bestimmte Arten durch einen hohen Anteil der Anbaukultur in der Fruchtfolge bereits selektiert, spricht vieles dafür, dass sich nennenswerte Einsparungen an Herbiziden eher mit einer Bandspritzung realisieren lassen. Liegen wiederum heterogene Flächen vor, die im Frühjahr längerer Trockenheit ausgesetzt sind und ist der Samenvorrat im Boden durch gutes Management gering, spricht vieles dafür, dass regelmäßig hohe Einsparungen durch Spot Spraying erzielt werden können. Zumindest am Standort Bernburg hat eine weite Fruchtfolge mit einem hohen Anteil an Sommerungen über zehn Jahre die Unkrautdichte stark erhöht. Mutmaßlich war hierbei vor allem die Palette an verfügbaren Wirkstoffen über die gesamte Fruchtfolge entscheidend. Während in Fruchtfolgen, die ausschließlich Weizen, Mais und Raps enthielten, die geringsten Dichten aufgetreten sind, werden in Kulturen, die nur über unzureichende Herbizidzulassungen verfügen, eher Samenbanken aufgebaut worden sein. Natürlich handelt es sich hier nur um einen einzelnen Standort, die Ergebnisse gelten nicht allgemein. Allerdings: Es konnten dort keinerlei Einsparungen für breite Herbizidtankmischungen für Spot Spray in den weiten Fruchtfolgen erzielt werden.