Braugerste. Jetzt die hohen Preise nutzen!
Aktuell liegen zwischen Futter- und Braugerste je nach Region 150 bis 170 €/t Differenz. So groß war der Preisabstand selten. Das ist eine Gelegenheit.
Dass Braugerste knapp ist, ist wirklich nicht neu. Die Frage ist nur: Wie hoch kann der Preis steigen, wann setzen Substitutionseffekte ein? In Süddeutschland wurde der Großteil der Ernte noch mit sehr guten Qualitäten eingefahren. Im Norden hingegen kam kaum braufähige Ware vom Feld. Je weiter nördlich man geht, auch über die Landesgrenze hinweg, desto weniger war es. Besonders stark hat es die skandinavischen Exportländer getroffen.
Kommen aus Dänemark und Schweden üblicherweise 1,2 Mio. t Braugerste nach Deutschland, Belgien oder die Niederlande, so werden das dieses Jahr kaum mehr als 300 000 t sein. Auswuchs, versteckter Auswuchs und Gushing führen die Mängelliste der Qualitäten an. Zusammen mit den Ausfällen in Deutschland fehlen den Mälzern damit über 1 Mio. t an Braugerste. Die Vorräte werden bis zur Ernte im Sommer 2024 wohl vollständig aufgebraucht sein. Das sind eigentlich gute Voraussetzungen für steigende Preise.
Der Verbrauch geht stark zurück. Normalerweise, denn es gibt eine starke Gegenbewegung: Rezession. Man merkt es allenthalben und auch am Bier: Die Menschen sparen und weichen auf billigere Getränke aus, ob es nun Wasser oder billige Biersorten sind. Das ist nicht nur bei uns so, sondern auch in Asien und vor allem in China, dem größten Biermarkt der Region. Dort geht der Malzverbrauch massiv zurück. Ob weniger Bier gebraut wird oder wieder mehr Rohfrucht zum Gerstenmalz gemischt wird, ist dabei unklar. Sicher ist nur, dass weniger Malz dorthin exportiert wird.
Auf der einen Seite können die Brauer und Mälzer mangels Masse also nicht wählerisch sein, andererseits weichen sie aus Kostengründen auf günstigere Sorten aus. Die Reihenfolge ist einfach: Wer sparen muss, ersetzt zunächst Sorten aus dem Berliner Programm durch nicht empfohlene Sommerbraugersten. Wem das noch zu teuer ist, der nimmt zweizeilige Winterbraugersten. Wer noch weniger zahlen will, akzeptiert sechszeilige Winterbraugersten wie die Faro, die aus Frankreich kommend reichlich zur Verfügung steht. Von einigen Brauern kommt die Aussage: »Bloß kein Gushing, der Rest ist egal.« Qualität zählt eben nur dann, wenn sie im Überfluss vorhanden und billig ist. Vor diesem Hintergrund ist weniger die Frage, wie knapp Braugerste denn ist, als vielmehr, bei welchem Preisabstand substituiert wird. Und der dürfte bei sich verschärfenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen eher kleiner denn größer werden. Wenn also Futtergerste im Preis stagniert oder gar fällt, dann ist für Braugerste kein Preisanstieg zu erwarten. Vielmehr dürfte dann weiter sortiert und analysiert werden, um gerade noch passende Partien zu günstigen Preisen zusammenzustellen.
Die Ernte 2024 wird damit auf leere Darren treffen und die erste Gerste wird nach dem Ende der Keimruhe teuer sein. Daher wäre zu erwarten, dass die Gebote für die neue Ernte noch steigen werden und auf das heute gezahlte Niveau für Braugersten ansteigen. Aber auch diese Betrachtung ist einseitig. Denn die anhaltenden Regenfälle der vergangenen Wochen sorgen dafür, dass in Großbritannien, Frankreich, Norddeutschland und Skandinavien nicht alle geplanten Weizenaussaaten erfolgen können. Allein in Frankreich sollen das 350 000 ha sein. Zusammen mit Großbritannien und Deutschland können es bis zu 700 000 ha werden, sagen Experten. Die Alternative ist oft Sommergerste und es könnte sich die Situation von 2019 wiederholen: Damals stieg die Sommergerstenfläche in Großbritannien und Frankreich massiv an und ließ im Frühjahr die Preise purzeln.
Ernte 2024 auf jeden Fall verkaufen. Auf steigende Braugerstenpreise für die alte Ernte zu setzen, ist vorläufig noch nicht riskant. Aber wenn im Januar der Bedarf bis zum Anschluss an die neue Ernte gedeckt sein wird, wird die Luft schnell dünn. Das haben wir in den vergangenen Jahren bei Durum, Dinkel, Braugerste oder auch Qualitätsweizen immer wieder erlebt. Bis zum Jahreswechsel sollten Sie Ihre Braugerste daher verkauft haben – das gilt vor allem für Kontrakte zur Ernte 2024. Denn wenn es sich bewahrheitet, dass Winterweizen durch Sommergerste ersetzt wird, dann fallen die Preise ab dem Sommer.