Carbon Farming. Ein erstes Leitbild
Carbon Farming ist ein Konzept der regenerativen Landwirtschaft und beschreibt die Maßnahmen zur Kohlenstoffanreicherung in landwirtschaftlich genutzten Böden. Die Grundidee liegt dabei in der Zurückführung des vom Menschen in die Atmosphäre gebrachten Kohlenstoffs in den Boden. Ein Interview mit Prof. Dr. Axel Don.
Herr Professor Don, die EU hat erstmals einen rechtlichen Rahmen für die Zertifizierung von CO2-Entnahmen und Carbon Farming geschaffen. Worum geht es dabei konkret?
Es geht darum, wie genau CO2-Zertifikate im landwirtschaftlichen Bereich ausgestaltet sein sollen. Das große politische Ziel ist es ja, Kohlenstoffsenken zu heben und Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Bisher gab es dazu keine Rechtssicherheit. Nun hat das Europäische Parlament ein erstes Regelwerk verabschiedet, das echten Klimaschutz gewährleisten und Greenwashing verhindern soll.
Aber es gibt doch bereits Geschäftsmodelle zum Carbon Farming.
Ja, richtig. Nun werden sich aber alle bereits am Markt befindlichen Anbieter fragen müssen, ob ihre Geschäftsmodelle EU-konform sind. Die neuen Regeln sind zwar nicht verpflichtend einzuhalten. Aber die Anbieter werden sich daran messen lassen müssen, um Vertrauen bei den Käufern solcher Zertifikate zu schaffen.
Welche Qualitätskriterien sollen denn zertifizierbare Aktivitäten erfüllen?
Die EU zielt auf hochwertige Kohlenstoffentnahmen ab, die nach vier Qualitätskriterien bewertet werden sollen: Quantität, Zusätzlichkeit, Langfristigkeit und ökologische Nachhaltigkeit.
Das klingt ambitioniert. Wie will man das erreichen?
Das ist leider noch nicht ganz klar. Bisher handelt es sich tatsächlich erst einmal um einen groben Rahmen, und die Details müssen noch ausgearbeitet werden. Es ist vorgesehen, eine sogenannte »standardisierte Baseline«, festzulegen. Dieses Basisszenario soll dann als Bewertungsmaßstab für entsprechende Maßnahmen herangezogen werden. Es soll lokale Boden- und Klimabedingungen und auch die lokale landwirtschaftliche Praxis abbilden. Konkreter wird es in dem Papier bis dato leider nicht. Aber Fakt ist, dass an dieser Basis alles hängt und sie deshalb gut gemacht werden muss.
Wer wird diese Basis festlegen?
Es gibt zwei EU-Projekte, für die in den kommenden vier Jahren 23 Mio. € vorgesehen sind. In dem Rahmen soll das entwickelt werden – hauptsächlich von Akteuren aus der Wissenschaft. Auch wir werden versuchen, uns in die Diskussion einzubringen.
Und wie soll sichergestellt werden, dass ein und dieselbe Maßnahme nicht doppelt zertifiziert wird?
Dafür hat die EU ein Register vorgesehen, in das die Anbieter jedes gehandelte CO2-Zertifikat eintragen müssen. Auch dieses Register soll innerhalb der nächsten vier Jahre etabliert werden.
Warum sollten die Landwirte beim CO2-Zertifikatehandel mitmachen?
Egal ob Banken oder der Lebensmittelsektor – der Druck auf die landwirtschaftlichen Betriebe, umfassende Treibhausgasbilanzen vorzuweisen, steigt von allen Seiten. Der Zertifikatehandel bietet ihnen die Chance, Klimaschutzmaßnahmen nicht nur umsetzen
zu müssen, sondern damit auch Geld zu verdienen. Dennoch ist und bleibt es ein freiwilliger Markt.