Kommentar. Tierhaltungskennzeichnung
Tierhaltungskennzeichnung. Schritt für Schritt voran geht es mit der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung. Über deren Notwendigkeit oder das Tempo der Umsetzung kann man viel diskutieren. Aber keinesfalls sollte das BMEL den zweiten Schritt vor dem ersten gehen. Ein Stolpern ist da doch schon vorprogrammiert. Und so ist es nun auch gekommen. Statt erst einmal die »Kinderkrankheiten« der Tierhaltungskennzeichnung für Schweinefleisch zu beseitigen und das Einbeziehen der Außer-Haus-Verpflegung abzuschließen, will das BMEL nun flott die Tierhaltungskennzeichnung für Rindfleisch einführen. Sie soll das gleiche Grundgerüst mit fünf Stufen wie die Haltungsform Schweinefleisch erhalten.
Doch die ist selbst noch nicht stimmig. Beispielsweise fehlt eine bundesweit einheitliche Auslegung der Kriterien für die verschiedenen Haltungsformkategorien. Die Datenweitergabe an die nachgelagerten Stufen ist ebenfalls ungeklärt und die Haltungsformlabel der Privatwirtschaft sind nur mangelhaft eingebunden.
Zu Recht erntet auch der erste Entwurf der Haltungskennzeichnung Rindfleisch Kritik von zahlreichen Verbänden, Unternehmen der Milch- und Fleischwirtschaft und Praktikern. Unstimmig ist unter anderem Folgendes:
- Die Kennzeichnung soll für die Tiere in den letzten 12 Monaten vor der Schlachtung gelten. Es wird kein Unterschied zwischen Milchkühen und Masttieren gemacht.
- Die Phase der Geburt und Aufzucht kommt bisher nicht im Eckpunktepapier vor, darf aber nicht unter den Tisch fallen.
- Tiere mit einem Schlachtalter unter 24 Monaten (gängig bei Jungbullen) werden nicht erwähnt.
- Aussagen zur Anbindehaltung werden umgangen, dabei spielt sie im Entwurf des Tierschutzgesetzes noch eine wichtige Rolle.
Der Entwurf hat eher für Durcheinander als für Klarheit gesorgt. Schade, so wird es nichts mit einer vernünftigen Haltungskennzeichnung für Rindfleisch. Die Rinderhalter werden zudem verunsichert. Sie haben teilweise bereits erhebliche Investitionen in das Tierwohl getätigt, um an den Mehrwertprogrammen der Wirtschaft teilzunehmen. Erreicht dieser BMEL-Vorschlag die Praxis, müssten diese Landwirte erneut ihre Ställe umbauen, um nicht herabgestuft zu werden. Das können sie finanziell aber nicht stemmen. Das BMEL muss nacharbeiten, um den Entwurf anzupassen. Tatsächlich hat das Ministerium dies auch angekündigt. Wichtig ist aber, dass dies im Gleichschritt mit der Branche passiert.